Reaktionen auf die Einigung mit Hochtief reichen von “richtig und mutig“ bis “teure Lösung mit vielen Fragezeichen“. CDU gibt eigene Fehler zu

Hamburg. Es dürfte ein ziemlich einmaliger Vorgang sein, dass der Bund der Steuerzahler eine drastische Mehrausgabe des Staates gutheißt. Die Elbphilharmonie, die nun noch einmal um 198 Millionen Euro (Gesamtkosten: 575 Millionen Euro) teurer werden soll, macht es möglich. "Bei der völlig verunglückten Vertragssituation ist dies ein optimales Verhandlungsergebnis des Ersten Bürgermeisters Olaf Scholz", sagte Frank Neubauer, Vorsitzender des Hamburger Steuerzahlerbunds. Die Entscheidung von Scholz und seines Senats, die Zusammenarbeit mit dem Essener Baukonzern Hochtief fortzusetzen, sei "richtig und mutig".

Mit der Vereinbarung zwischen der Stadt und dem Baukonzern, die jetzt in den Gründzügen festgelegt ist, könnten "Geburtsfehler" des Bauprojekts zum Teil ausgeglichen werden - "wenn auch zu einem sehr hohen Preis". Das schmerze zwar, aber eine Kündigung und Trennung von Hochtief würde die Stadt nach Einschätzung des Bundes der Steuerzahler weitaus mehr kosten.

"Die weitere drastische Kostensteigerung ist bitter, war aber zu erwarten", sagte Handelskammer-Präses Fritz Horst Melsheimer in einer ersten Reaktion. "Gut ist, dass sämtliche Risiken nun komplett bei Hochtief liegen sollen und nach dem endgültigen Vertragsschluss hoffentlich auch liegen werden." Entscheidend sei, dass "eine neue Kultur des Vertrauens" zwischen den Partnern einkehre.

Weniger freundlich fielen die Reaktionen der Opposition aus. CDU-Bürgerschafts-Fraktionschef Dietrich Wersich warf dem Bürgermeister vor, seine Ziele verfehlt zu haben. "Scholz hatte Hamburg versprochen, die Elbphilharmonie zügig fertig zu bauen und nicht mehr als die vereinbarten 323 Millionen Euro auszugeben", sagte Wersich. Während Scholz' Regierungszeit habe sich die Fertigstellung um vier Jahre verzögert, und Hamburg müsse 198 Millionen Euro mehr zahlen. Allerdings zeigte sich Wersich auch selbstkritisch: "Alle wissen - und keiner bestreitet -, dass auch am Anfang Fehler gemacht wurden." Die Entscheidung für den Bau der Elbphilharmonie - zunächst war von Kosten in Höhe von 77 Millionen Euro die Rede - fiel in die Amtszeit von Bürgermeister Ole von Beust (CDU).

Von einer "teuren Einigung und vielen Fragezeichen" sprach Grünen-Fraktionschef Jens Kerstan. "200 Millionen Euro Nachschlag - das ist eine bittere Nachricht", sagte Kerstan, der die Verständigung einen "teuer erkauften Friedensvertrag" nannte. Die Einigung sei "kein Rundum-sorglos-Paket". Das Vertrauen auf einen Pauschalfestpreis habe sich schon einmal als Illusion erwiesen. "Weil zum Beispiel die Akustikplanung für den Konzertsaal ausgenommen ist, könnte die Summe am Ende deutlich höher liegen." Der Grünen-Politiker hat schließlich Zweifel, ob es gelingt, einen konkreten Vertrag auf der Basis der grundsätzlichen Vereinbarung zu schließen. "Hochtief ist ein Problempartner, der seit 2008 vieles getan hat, was seine Glaubwürdigkeit ruiniert hat", sagte Kerstan.

FDP-Fraktionschefin Katja Suding kritisierte, dass Scholz direkt nach den Haushaltsberatungen der Bürgerschaft mit der Nachforderung für die Elbphilharmonie kommt. "Das ist wieder mal intransparente Machtpolitik à la Scholz an der Bürgerschaft vorbei", sagte Suding, die dem Bürgermeister "Scheckbuch-Mentalität" vorwarf. "Gutes Krisenmanagement sieht anders aus."

SPD-Fraktionschef Andreas Dressel verteidigte den Kurs des Senats. "Eine wirkliche Alternative zum eingeschlagenen Weg hat bisher keine der Oppositionsfraktionen aufgezeigt", sagte Dressel. Die Bürgerschaft werde ausreichend Zeit haben, alle Fragen zu erörtern und zu klären. "Das ist angesichts der kaum erträglichen Belastungen für den Steuerzahler selbstverständlich", sagte der SPD-Politiker.

Für die SPD-Fraktion sei die Fertigstellung der Elbphilharmonie in städtischer Regie "keineswegs die risikoärmere Variante". Der fertig ausgearbeitete Vertrag mit Hochtief werde der Bürgerschaft zur Abstimmung vorgelegt. Die CDU hat schon angekündigt, "ihre parlamentarischen Möglichkeiten im Sinne der vielen Hamburger zu nutzen, die jetzt wissen wollen, wer die Verantwortung für die gravierenden Kostensteigerungen und die mehrjährige Bauzeitverzögerung nach dem Regierungswechsel trägt".

Elbphilharmonie-Generalintendant Christoph Lieben-Seutter reagierte gelassen auf die erneute Verschiebung des Eröffnungstermins. "Ich habe mich mit meinem Team schon seit Längerem darauf eingestellt, dass wir noch einige Jahre ohne Elbphilharmonie vor uns haben", sagte Lieben-Seutter. Er gehe davon aus, dass sein 2015 auslaufender Vertrag "mindestens bis 2018" verlängert werde.