Hanserad-Gruppe mit Standorten am Stephansplatz, in Bergedorf und München steht unter Zwangsverwaltung. Bauarbeiten in Hamburg ruhen.

Neustadt. Rund 300 Mitarbeiter des renommierten Hamburger Medizinunternehmens Hanserad Radiologie bangen kurz vor Weihnachten um ihre Jobs. Die Firma mit Standorten in Hamburg, München und weiteren Beteiligungen in Norddeutschland ist in finanzielle Schwierigkeiten geraten. Wegen der "verworrenen" Gesellschafterverhältnisse (ein Insider) sind beim Amtsgericht Hamburg mehrere Insolvenzverfahren anhängig.

Zwei Insolvenzverwalter wurden bestimmt, die ihre Hand auf alle Ein- und Ausnahmen sowie das Vermögen des Unternehmens gelegt haben. Insgesamt gibt es offensichtlich acht aktenkundige Vorgänge.

Das gesamte Unternehmen, das genaue Diagnosen vom Bandscheibenvorfall bis zum Krebs mit Computer-Tomografen und modernen Gerätschaften erstellt, ist betroffen. Der Betrieb der Diagnoseklinik in der City solle vorerst weitergehen, sagte ein Hanserad-Arzt, der um Anonymität bat, dem Abendblatt. Das Unternehmen sei aber "in finanziellen Schwierigkeiten". Die Schieflage sei den Mitarbeitern in der vergangenen Woche mitgeteilt worden. Nach Abendblatt-Informationen hat es in Bergedorf bereits eine Mitarbeiterversammlung gegeben.

Die Bauarbeiten in dem Klinikum in der Alten Oberpostdirektion ruhen

Am Stephansplatz in der Alten Oberpostdirektion wollte das Unternehmen in den nächsten Tagen eine noch größere Fläche nutzen. Dazu wurde zuletzt ein sechs Tonnen schwerer Magnetresonanz-Tomograf mit einem Spezialkran von oben in die Klinik gehievt. Obwohl Millionen Euro in den neuen Standort investiert wurden, hat sich der erweiterte Betrieb dort zuletzt immer wieder verzögert. Hauptsitz des Unternehmens ist die Praxisklinik in Bergedorf.

Ein Hauptgrund für die Insolvenz sollen Kredite sein, die Hanserad wegen der Expansion nicht mehr bedienen konnte. Die Insolvenzverwalter suchen offenbar nach Lösungen, den Betrieb weiterzuführen. Von einer Zerschlagung oder einem Teilverkauf ist noch nicht die Rede. Unter dem Aktenzeichen 67 b IN 327/12 hat das Amtsgericht Hamburg angeordnet, dass Hanserad nur noch mit Zustimmung der Insolvenzverwalter über das Unternehmensvermögen verfügen kann. Bankguthaben und Forderungen von Hanserad Radiologie gegenüber Geschäftspartnern kontrolliert nun der Insolvenzverwalter.

Gründer Auffermann beklagt, das Standesrecht schränke ihn ein

"Die medizinische Versorgung läuft wie gewohnt weiter, die Gehälter der rund 300 Beschäftigten im gesamten Bundesgebiet sind durch das Insolvenzgeld gesichert", sagte der Hamburger Rechtsanwalt und Insolvenzverwalter Gideon Böhm. Ziel sei dabei der Erhalt des Unternehmens. Hanserad Radiologie betreibe radiologische Facharztpraxen und Radiologieabteilungen in Krankenhäusern an derzeit acht Standorten. Der Bau der fast fertig gestellten Diagnoseklinik am Stephansplatz ruhe, bis die Liquidität des Unternehmens geklärt sei.

Die Geschäftsführer Prof. Dr. Wolfgang Auffermann und Dr. Michael Herhaus waren für Stellungnahmen zur Finanzsituation nicht erreichbar. Mitarbeiter sollen sich nicht äußern.

In ihrer Selbstdarstellung im Internet rühmen Auffermann und Herhaus ihre "medizinische Kompetenz und finanzielle Expertise". Nach Abendblatt-Informationen hatte Hanserad bereits nach der Übernahme der Diagnoseklinik in München Zahlungsschwierigkeiten. Hanserad-Gründer Auffermann hatte sich im vergangenen Jahr öffentlich beklagt, dass das ärztliche Standesrecht seine unternehmerische Tätigkeit einschränke. Er müsse mehr medizinisch arbeiten, als sich als Kaufmann zu betätigen, um seine Approbation nicht zu verlieren, kritisierte Auffermann in der "Wirtschaftswoche".

Auffermann hat Kontakte nach Russland, in die Golfstaaten und in die USA. Röntgenbilder sowie Aufnahmen von Computer-Tomografen, so seine Vorstellung, könnten von unterschiedlichen Ärzten beurteilt werden, weil sie dank Internet leichter ausgetauscht werden können. Das sei zum Nutzen der Patienten und einer optimalen Therapie. Sein Unternehmen trage maßgeblich zur Gesundheitsversorgung in Norddeutschland bei.