Die Zahl der Attacken auf Beamte bei Familienstreitigkeiten hat sich verdoppelt. Auffallend viele Ausländer sind unter den Tätern.

Hamburg. Jeden Tag werden - statistisch gesehen - in Hamburg drei Polizisten angegriffen. Das ist das Ergebnis einer internen Erhebung der Polizei. Besonders betroffen sind dabei Beamte der Davidwache und der Wache Lerchenstraße, zu der ebenfalls Teile von St. Pauli gehören. Bei jedem sechsten Angriff auf einen Polizisten setzten die Täter Waffen ein.

Auffallend ist der hohe Anteil der Fälle, bei denen Polizeibeamte von ausländischen Tätern attackiert wurden. Dieser ist in Hamburg, so ergab kürzlich ein Abgleich auf der Innenministerkonferenz, mit knapp 37 Prozent deutschlandweit am höchsten.

Es geht dabei um Körperverletzung, Widerstand, versuchte Gefangenenbefreiung. "Reine Beleidigungen gegen Kollegen, die in vielen Fällen eine Anzeige nach sich ziehen, sind nicht in der Statistik enthalten", sagt ein Beamter. "Die Zahl der Fälle wäre um ein Vielfaches höher." Doch auch so hält der Landesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Joachim Lenders, 1047 Fälle im vergangenen Jahr für "unerträglich". "Die hohe Zahl an sich und der Umstand, dass sie sich auf diesem Niveau eingependelt hat, sind erschreckend", so Lenders. "Und erschreckend ist auch der hohe und weit überproportionale Anteil von nicht deutschen Tätern", fügt er hinzu. Laut Erhebung der Polizei sind Polen, Türken und Russen besonders auffällig. Auch Afghanen, Kasachen und Iraner waren häufig an Angriffen auf Polizeibeamte beteiligt. Alle anderen Nationalitäten spielen eine untergeordnete Rolle.

Zu Gewalt gegen Polizisten kommt es in Hamburg zumeist in "Alltagssituationen". Müssen Polizisten bei einer Schlägerei eingreifen, ist die Wahrscheinlichkeit, selbst das Ziel der Täter zu werden, am höchsten. Die Zahl der Angriffe auf Polizisten, die bei einem Familienstreit einschreiten, hat sich innerhalb eines Jahres auf 42 exakt verdoppelt. In auffällig vielen Fällen gibt es noch Angriffe auf Polizisten von einem Täter, der sich bereits im Gewahrsam der Beamten befand.

Auch die Folgen der Attacken sind schwerwiegender geworden. 35 Polizisten, elf mehr als im Vorjahr, wurden so schwer verletzt, dass sie zunächst dienstunfähig waren.

Auch die Gründe für die hohe Gewaltbereitschaft gegen Polizisten sind aus der Erhebung ableitbar. So sind rund 80 Prozent der Täter angetrunken oder stehen unter Drogeneinfluss.

Schwerpunkte sind Wachen, die Vergnügungsviertel betreuen

An Wochenenden geschehen die mit Abstand meisten Übergriffe auf die Beamten. Schwerpunkte sind die Wachen, die Vergnügungsviertel wie St. Pauli, die Schanze oder St. Georg betreuen. Aber auch im Bereich der Wachen mit sozialen Brennpunkten, wie Billstedt und Lohbrügge, sind die Fälle von Übergriffen auf Polizisten überdurchschnittlich hoch. Laut Statistik ist der Widerständler in der Regel erwachsen und männlich. Aber selbst drei Kinder griffen letztes Jahr Polizisten an.

"Polizisten werden im Durchschnitt 1300-mal am Tag gerufen", sagt Polizeisprecher Mirko Streiber. Das bedeute, dass es bei 0,2 Prozent der Einsätze zu Übergriffen gegen die Beamten kommt. Trotzdem habe man reagiert. "Wir haben die Ausrüstung optimiert, das Einsatztraining abgestimmt und Schulungen durchgeführt", so Streiber.

Lenders nimmt die Zahlen zum Anlass, Kritik an der Politik zu üben. "Dort beschäftigt man sich mit der individuellen Kennzeichnung von Polizisten. Man sollte sich lieber mit den echten Problemen beschäftigen."