Neustadt. Man stelle sich vor, ein Tennisschläger hätte dort an der Wand gelehnt. Wie unverdächtig wäre das gewesen, und vermutlich hätte niemand vermutet, dass er anders genutzt werden soll als zum Tennisspielen. Doch bei einem Baseballschläger ist das etwas anderes. Er hat nicht unbedingt einen tadellosen Ruf, und nicht wenige assoziieren das keulenförmige Gerät mit brutal prügelnden Kriminellen und massivsten Verletzungen. Aber gibt es nicht auch Baseballschläger - einzig und allein, um tatsächlich damit Baseball zu spielen? Ist diese Möglichkeit so absurd?

Uwe K. (Name geändert) sieht sich jedenfalls jetzt im Prozess vor dem Amtsgericht dem Vorwurf ausgesetzt, er habe Böses im Sinn gehabt, weil er in seiner Einzimmerwohnung ein solches Schlaggerät aus Aluminium aufbewahrte. Im Juni vergangenen Jahres hatten Polizisten nach einem Tipp das Zuhause des 29-Jährigen gründlich durchsucht und Kokain mit einem Wirkstoffgehalt von insgesamt 28 Gramm entdeckt, säuberlich abgepackt in kleinen Tütchen, verborgen in einem Spielautomaten und gemeinsam mit mehr als 2000 Euro Bargeld. Darüber hinaus entdeckten sie eine Feinwaage, wie sie üblicherweise zum Portionieren von Drogen verwendet wird - und eben besagten Baseballschläger, der in dem Zimmer an der Wand lehnte. Für die Ermittler ein hochgradig interessanter und noch viel verdächtigerer Umstand. Denn weil dies ein Gegenstand sei, der "seiner Art nach zur Verletzung von Personen geeignet und bestimmt" sei, wurde daraus der Vorwurf des Handeltreibens mit Betäubungsmittel unter Mitführen einer Waffe. Das Gesetz sieht dafür eine Mindeststrafe von fünf Jahren vor.

Sein Mandant habe ein "völlig entsetztes Gesicht gemacht", als er ihm diese möglichen Folgen seiner Straftat erklärte, sagt der Verteidiger. Doch mit der Einschätzung, der Baseballschläger sei als Waffe gedacht gewesen, seien die Ermittler extrem übereifrig gewesen. Nun ist Uwe K. wirklich kein Unschuldslamm. Wegen Drogenbesitzes und Verstoßes gegen das Waffengesetz ist der Hamburger vorbestraft, und dass der auffallend muskulöse Mann mit dem Dreitagebart wirklich vorhatte, mit Drogen zu handeln, wie es ihm die Staatsanwaltschaft vorwirft, räumt der Verteidiger für seinen Mandanten unumwunden ein. Überhaupt ist es vor allem der Anwalt, der in diesem Verfahren das Wort führt. Der Verteidiger hat einige Accessoires mitgebracht, die er auf seinem Tisch ausbreitet, einen Baseballhandschuh, einen Baseball und ein Käppi. Der Handschuh weise deutliche Gebrauchsspuren auf und sei mit dem Schweiß des Angeklagten behaftet, betont der Anwalt. Weil sein Mandant regelmäßig mit Gleichgesinnten in einem Park in der Nähe seiner Wohnung Baseball spiele, was etliche Bekannte von ihm bezeugen könnten, brauche er nun mal Handschuh und Ball. Vor allem aber benötige er einen Schläger, argumentiert der Verteidiger. "Und wo soll er den denn sonst aufbewahren, wenn nicht in seiner Wohnung? Wie kommt man dazu, beim Baseballschläger in erster Linie an Waffen zu denken? Hier handelt es sich um ein Sportgerät, und daneben stehen Turnschuhe", erklärt er und verweist auf ein Foto in der Akte, das von dem angeblich inkriminierenden Gegenstand geschossen wurde. "Das ist eine Schweinerei, dass das nicht richtig aufgeklärt wurde. Die Beamten sind nicht in der Lage, einen Baseballhandschuh zu sehen."

Ein Ermittler, der bei der Wohnungsdurchsuchung beteiligt war, windet sich als Zeuge bei der Frage, ob er "ausschließen kann", dass es weiteres Baseball-Equipment in der Wohnung gegeben habe. "Nein", das könne er nicht, gibt er schließlich zu. Zudem ist das Schlaggerät seinerzeit nicht sichergestellt worden, es existiert lediglich das Foto von ihm. Dann gebe es offiziell in diesem Verfahren also keinen Baseballschläger, zieht der Anwalt Bilanz.

Fast anderthalb Jahre lang habe sein Mandant das Damoklesschwert einer langjährigen Haftstrafe über sich gehabt, moniert der Verteidiger, weil nicht sorgfältig ermittelt worden sei. Zudem habe es nur Vorbereitungen für den Verkauf von Drogen gegeben, jedoch sei kein tatsächlicher Handel betrieben worden. Ein Jahr und drei Monate Haft verhängt die Amtsrichterin schließlich für Uwe K., die Strafe wird zur Bewährung ausgesetzt. Der Baseballschläger sei zwar objektiv geeignet, als Waffe eingesetzt zu werden, jedoch habe nicht nachgewiesen werden können, dass er von dem Angeklagten dafür benutzt werden sollte, begründet die Richterin das Urteil. Trotzdem habe der 29-Jährige eine schwere Straftat begangen: "Kokain ist eine sehr gefährliche Droge mit hohem Suchtpotenzial."