Der Vertrag mit Muslimen klammert Kopftuch-Frage aus

Hamburg betritt bundesweit Neuland: Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) unterzeichnet heute feierlich die Verträge mit den muslimischen Gemeinden. Es ist Politik nach dem Prinzip Hoffnung: Indem erstmals Rechte und Pflichten der hier lebenden Muslime schriftlich festgehalten werden, soll die Integration der zum Teil seit Langem hier lebenden Menschen befördert werden. Dass nicht alle Aktivisten unter dem Dach muslimischer Verbände lupenreine Demokraten sind, wird stillschweigend hingenommen.

Als klares Integrationsangebot muss gelten, dass muslimische Feiertage den kirchlichen gleichgestellt werden. Angesichts der christlichen Tradition ist das ein weites Entgegenkommen. Außerdem soll ein Konzept erarbeitet werden, das es auch muslimischen Lehrern ermöglicht, im Rahmen des konfessionsübergreifenden Hamburger Modells für alle Kinder Religion zu unterrichten.

An einem zentralen Punkt bleibt der Vertrag jedoch weit hinter den Erwartungen zurück. Es fehlt eine eindeutige Regelung zu der immer wieder heftig diskutierten Frage, ob eine muslimische Lehrerin ein Kopftuch im Unterricht tragen darf.

Hamburg verfährt bislang pragmatisch: Wenn es an der Schule keine Probleme mit der Kopftuchträgerin gibt, wenn also die Integration im kleinen Maßstab gelingt, dann wird das religiöse Symbol toleriert.

Der Vertragsschluss mit den muslimischen Gemeinden wäre die Gelegenheit gewesen, um für Klarheit zu sorgen und die Schulen mit der mühsamen Konsenssuche nicht länger alleinzulassen. Kopftuch ja, aber jede andere Form der Verschleierung nein - das wäre ein denkbarer Kompromiss gewesen. Es ist doch absolut unvorstellbar, dass eine Lehrerin mit einer Burka, also voll verschleiert, Schüler unterrichtet. Unvorstellbar ist, dass Schüler ihrer Lehrerin nicht ins Gesicht schauen können. Wenn das aber so eindeutig ist, dann hätte diese Festlegung in das Vertragswerk gehört.

Dieses Zugeständnis wäre ein Zeichen des Entgegenkommens der muslimischen Gemeinden gewesen. Es zeugt von fehlendem politischen Mut, wenn letztlich Gerichte über diese Frage entscheiden müssten.