Ex-Regierungschefs Carstensen, Beust, Simonis und Runde fordern Schluss mit dem Streit zwischen den beiden Bundesländern.

Hamburg. Im Dauerstreit zwischen Hamburg und Schleswig-Holstein um Windmessen, Elbschlick und den Autobahnausbau melden sich jetzt vier ehemalige Regierungschefs zu Wort: Im Abendblatt fordern Peter Harry Carstensen, Ole von Beust, Heide Simonis und Ortwin Runde ihre Nachfolger auf, mehr Kompromissbereitschaft und stärkeren Willen zur Zusammenarbeit zu zeigen.

Hamburg und Schleswig-Holstein müssten sich "als eine Region verstehen, die gemeinsam über Entwicklungsfragen entscheiden", sagte der frühere schleswig-holsteinische Ministerpräsident Carstensen (CDU). Nach den Worten von Hamburgs ehemaligem Bürgermeister von Beust (CDU) wird die Hansestadt "an gewissen Vorleistungen nicht vorbeikommen, um bestehendem Misstrauen zu begegnen". Kiels Ex-Regierungschefin Simonis (SPD) meinte, "was einer gedeihlichen Zusammenarbeit eher schadet, sind die kleinen Nickligkeiten des Alltags". Auch Hamburgs früherer Senatschef Runde (SPD) mahnte, für die Hansestadt müssten gute Beziehungen zu den Anrainerländern selbstverständlich sein. Weil Hamburg gegen den Willen Schleswig-Holsteins die Husumer Windmesse in die Hansestadt holen will, sind die Beziehungen zwischen den sozialdemokratisch geführten Ländern angespannt. Die in Kiel geführte Debatte über eine Weiterführung der Autobahn 20 sorgt in Hamburg für Irritationen. Zuletzt hatte Kiels Umweltminister Robert Habeck (Grüne) die Absicht der Hamburger Hafenbehörde kritisiert, giftigen Elbschlick aus Hamburg in der schleswig-holsteinischen Unterelbe zu deponieren.

Vor allem der Streit um die Husumer Windmesse sorgt bei den früheren Regierungschefs für Kopfschütteln. "Wenn Hamburg glaubt, eine Windmesse ohne vorherige Ansage klammheimlich als Konkurrenz zu Husum aufziehen zu können, dann kostet das Zeit und Nerven, diesen Blödsinn wieder glattzubügeln", sagte Simonis. Runde sprach von "Nickligkeiten" und mahnte, gerade im Hinblick auf die Energiewende sei eine enge Zusammenarbeit der norddeutschen Bundesländer unabdingbar.

Carstensen und von Beust appellierten an die Großzügigkeit Hamburgs. "Jeder sollte das machen, was er am besten kann", sagte Carstensen. Dazu gehöre, dass man auf das eine oder andere verzichte. Mit Blick auf den Streit über die Windmesse in Husum fügte er hinzu: "In diesem Fall hätte der Hamburger Senat frühzeitig eingreifen und Einfluss nehmen sollen."

Ähnlich argumentierte Ole von Beust. "Hamburg muss großzügig sein und nicht noch versuchen, Schleswig-Holstein 'das Wasser abzugraben'." Das sei Gift für eine gedeihliche Zusammenarbeit "und macht das Verständnis für Hamburger Interessen" schwierig. Als Beispiele für Hamburgs Interessen nannte er die Unterbringung des Elbschlicks, ein gemeinsames Flächenmanagement und die Weiterführung der Autobahn 20 westlich von Hamburg.

Ortwin Runde hält Interessengegensätze zwischen Hamburg und seinen Nachbarn für nicht ungewöhnlich. Sie müssten offen besprochen werden. "Wichtig dabei ist, den eigenen Standpunkt klarzumachen und den Standpunkt anderer nachzuvollziehen."