Vom reinen Handelshaus zum Produzenten mit eigenen Minen: Aria International wandelt sich und will sich so Ressourcen sichern.

Hamburg. Aus den Fenstern seines Büros im 15. Stock des Astra-Turms hat Alireza Roodsari einen atemberaubenden Blick über den Hafen. Doch obwohl Seetransporte zum alltäglichen Geschäft seiner Firma gehören, wird er weit reisen müssen, um sein nächstes Projekt vor Augen zu haben. Denn das Hamburger Rohstoffhandelshaus Aria International hat große Pläne in Afrika: Um die Jahreswende will das Unternehmen die Förderung von Eisenerz in eigenen Minen in Südafrika und in Simbabwe aufnehmen. "Wir sind gerade dabei, die Verträge auszuarbeiten", sagt Firmengründer und Geschäftsführer Roodsari im Gespräch mit dem Abendblatt. Mehr als 1000 Beschäftigte werden an den beiden Standorten arbeiten, wobei in Simbabwe auch noch eine Goldmine hinzukommt.

Mit der Abwendung vom Geschäftsmodell des reinen Händlers und der eigenen Produktion will sich Aria Ressourcen sichern, die Beschaffungskosten verringern und damit das Risiko von erheblichen Marktpreisschwankungen verringern - wie man sie beim Eisenerz, dem Vorprodukt für die Stahlerzeugung, gerade beobachten konnte: "Noch vor einem Jahr kostete eine Tonne Eisenerz mehr als 160 Dollar, heute aber nur noch 90 Dollar." Für mehrere Wochen habe das Unternehmen daher kein Erz mehr verschifft: "Wenn man nicht verkaufen muss, wartet man."

Gefördert wird das Eisenerz vor allem in Brasilien, in den USA, aber unter anderem auch in Serbien und in Rumänien. Der Hauptabsatzmarkt hingegen ist China, und die dortige Nachfrage bestimmt den Preis. Zu guten Zeiten sind bis zu 15 Schiffe im Monat mit dem von Aria gehandelten Erz unterwegs.

Doch derzeit stockt der Absatz in China, weil sich das Wirtschaftswachstum dort abgeschwächt hat und die Unsicherheit vor dem gegen Jahresende anstehenden Regierungswechsel in Peking diesen Effekt noch unerwartet deutlich verstärkt. Ursprünglich hatte Aria geplant, in diesem Jahr acht bis neun Millionen Tonnen Eisenerz zu verladen. "Voraussichtlich werden wir aber nur drei bis vier Millionen Tonnen erreichen", sagt Roodsari. Das ist zwar immer noch erheblich mehr als die Vorjahresmenge von 1,8 Millionen Tonnen, dennoch könnte der Umsatz wegen des Preissturzes geringer ausfallen.

Angesichts solcher Erfahrungen versucht Roodsari die Abhängigkeit von China zu verringern: "Wir sind in Gesprächen mit Indien und Japan." Erwogen wird, auch nach Deutschland, Italien und Spanien zu liefern. Darüber hinaus hat sich Aria in diesem Jahr in China einen weiteren Verkaufskanal erschlossen. Im Mai ist die Firma als erster deutscher Anbieter an der neuen Handelsbörse für Eisenerze (CBMX) in Peking zugelassen worden. Das Hauptgeschäft bleiben aber direkte Verträge mit den Kunden.

Trotz der gegenwärtig niedrigen Kaufpreise hat das Unternehmen keine Pläne, eigene Schiffe anzuschaffen, um das Erz zu diesen Kunden zu bringen. Große Bergbaukonzerne betreiben zwar eigene Flotten. "Aber es gibt derzeit reichlich freie Tonnage, wir können im Moment zu guten Charterpreisen fahren", erklärt Roodsari. Das ist ein bedeutender Faktor, denn die Kosten für Transport und Lagerung machen mehr als 50 Prozent des Verkaufspreises aus.

Experten mit guten Kenntnissen der Transportbranche sind daher für den Erfolg des Rohstoffhändlers extrem wichtig. Aktuell hat Aria rund 40 fest angestellte Beschäftigte, die meisten von ihnen in den sieben Außenbüros unter anderem in New York, Rio de Janeiro und Jakarta. In Hamburg sind 15 Personen für das Handelshaus tätig. Im nächsten Jahr soll sich die Zahl angesichts der Expansion erhöhen.

Die Konkurrenz, der Aria auf dem Weltmarkt begegnet, ist überschaubar: "Es gibt einige Handelsfirmen für Eisenerz in England, in der Schweiz und in Singapur. Aber wenn es um inhabergeführte Gesellschaften geht, wird die Luft weltweit sehr dünn."

Ein Leben als angestellter Manager aber kann sich Roodsari schwer vorstellen: "Ich wusste immer, dass ich mein eigenes Unternehmen führen will." Schon als Schüler übernahm er kleine Arbeiten im Betrieb seines Vaters, der im Iran Badetücher und Handschuhe produzierte. Im Jahr 1986 kam Roodsari nach Deutschland. Nach einem Studium der Betriebswirtschaftslehre in Heidelberg machte er sich mit einer Firma, die Fleisch exportierte, selbstständig. Später finanzierte er Stahlgeschäfte, bis er im Jahr 2009 Aria International in Hamburg gründete.

Nahezu die Hälfte seiner Arbeitszeit verbringt er allerdings auf Dienstreisen: "Manchmal bin ich vier Wochen am Stück nicht in Deutschland. Ich habe Spaß am Geschäft, aber nicht an den langen Flugstunden." Seit einiger Zeit macht ihm das noch mehr aus als früher. Denn er hat mit seiner Frau, die ebenfalls aus dem Iran stammt, einen zehn Monate alten Sohn und bezeichnet sich selbst als "sehr glücklichen Vater." Zwar ist Hamburg nicht der ideale Standort für einen Vielflieger auf Langstrecken, an einen Wegzug denkt Roodsari trotzdem nicht: "Die Luft und das Wasser hier tun mir schon sehr gut."