Konkurrenten, Kosten und Konzepte für die Hansestadt - die wichtigsten Fragen zu einer erneuten Bewerbung Hamburgs um die Sommerspiele.

Hamburg. In immer kürzeren Abständen wird über eine Hamburger Bewerbung für Olympische Sommerspiele diskutiert. Erst vergangene Woche bekräftigte Thomas Bach das Interesse Hamburgs und Berlins an der Ausrichtung des größten und teuersten Sportfestes der Welt. Bach, 58, ist Präsident des Deutschen Olympischen Sportbunds (DOSB) und Vizepräsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC), das die Spiele alle vier Jahre vergibt. Das Abendblatt beantwortet die wichtigsten Fragen, die immer wieder im Zusammenhang mit einer Hamburger Kandidatur gestellt werden:

Wer kann sich bewerben?

Die Bewerbung um Olympische Spiele ist eine nationale Angelegenheit. Das Präsidium des DOSB trifft die Entscheidung, welche deutsche Stadt es ins internationale Rennen schickt. Eine Stadt kann sich nicht selbst beim IOC bewerben.

Wer sind die deutschen Kandidaten?

München will sich die Olympischen Winterspiele 2022 ausrichten, nachdem die Kampagne für 2018 im vergangenen Jahr gescheitert ist (Pyeongchang/Südkorea erhielt den Zuschlag). Bürgermeister Christian Ude (SPD) möchte dafür am 10. November 2013 die Zustimmung der Bevölkerung einholen. Berlins Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) wollte die Hauptstadt bereits für die Sommerspiele 2020 ins Rennen schicken, 2024 und später sind jetzt seine weitere Optionen. Hamburg steht für eine neue Bewerbungskampagne bereit, übt sich aber öffentlich in Zurückhaltung. Das Credo von Bürgermeister Olaf Scholz und Sportsenator Michael Neumann (beide SPD): Wir wollen gefragt werden.

Will der DOSB Sommer- oder Winterspiele?

Der DOSB will wieder Olympische Spiele nach Deutschland holen. Die bislang letzten fanden 1972 in München (Sommerspiele) statt. Seitdem sind zwei Bewerbungen für Winterspiele (Berchtesgaden 1992 und München 2018) und zwei für Sommerspiele (Berlin 2000 und Leipzig 2012) zum Teil kläglich gescheitert. Die Grundsatzentscheidung, ob sich der DOSB um Sommer- oder Winterspiele bemühen will, steht aus. Sie soll im Herbst 2013 fallen. Wichtigstes Kriterium für den Verband sind die Chancen. Der DOSB will deshalb die Abstimmung über den Ausrichter der Sommerspiele 2020 abwarten. Sie erfolgt am 7. September 2013 auf dem 125. IOC-Kongress in Buenos Aires. Tokio, Madrid und Istanbul sind die Kandidaten, Istanbul gilt als Favorit. Sollten die Spiele erstmals in die Türkei oder zum zweiten Mal nach Spanien (zuvor Barcelona 1992) gehen, wäre eine europäische Kandidatur für 2024 chancenlos. Ohnehin scheint nach der IOC-Arithmetik 2024 eine Stadt in den USA an der Reihe zu sein. Die Lizenzzahlungen der amerikanischen TV-Networks sind eine der wichtigsten Einnahmequellen des IOC. 2028 wiederum könnte Südafrika zum Zuge kommen, weil Olympische Spiele noch nie in Afrika ausgetragen wurden. Eine deutsche Bewerbung für Sommerspiele hätte wahrscheinlich erst vom Jahre 2032 an Aussichten auf Erfolg. Um diese zu erhöhen, sollte sich der Kandidat schon bei früheren Kampagnen präsentieren, eventuell bereits für 2024.

Für eine erneute Bewerbung Münchens für Winterspiele will der DOSB die bayerischen Landtags- und Bezirkstagswahlen vom 15. September 2013 auswerten. Ohne eine breite Unterstützung aus Politik und Bevölkerung wäre eine Kampagne für 2022 aussichtslos. Die Kandidatur für 2018 fand nicht überall im Großraum München die nötige hochprozentige Unterstützung. In Garmisch-Partenkirchen stritten Bauern und Gemeinde lange Zeit um die Überlassung von Grundstücken. Die Olympiabegeisterung der Bevölkerung ist für das IOC ein zentraler Prüfstein. Konkurrenten Münchens für 2022 wären wohl Barcelona, St. Moritz (Schweiz), Lemberg (Ukraine) und Oslo.

Wie verläuft eine Bewerbung?

Der DOSB muss rund acht Jahre vor dem gedachten Austragungstermin seine grundsätzliche Bereitschaft beim IOC bekunden, Spiele in Deutschland abhalten zu wollen. Letzter Termin für die Winterspiele 2022 ist der Januar 2014, für die Sommerspiele 2024 der Herbst 2015. Sechs bis zehn Monate danach bewertet das IOC anhand einer ausführlichen Checkliste die Fähigkeit der Kandidaten, Olympia auszurichten. Leipzig (für 2012) schied im Jahre 2004 nach dieser Überprüfung vorzeitig aus. IOC-Urteil: zu klein. Immer sieben Jahre vor den Spielen stimmt die IOC-Vollversammlung mit ihren rund 110 Mitgliedern über den Ausrichter ab.

Gibt es in Hamburg bereits konkrete Olympiapläne?

Das hochgelobte Konzept der Bewerbungskampagne für die Sommerspiele 2012 – Spiele im Zentrum der Stadt mit Wettkampfstätten in einem Radius von maximal 15 Kilometern – wäre die Grundlage einer erneuten Bewerbung. Ein Großteil der damals angedachten Flächen im Bereich der HafenCity ständen der Stadt in den nächsten zehn Jahren weiter zur Verfügung, nur der Baakenhafen ist inzwischen verkauft. Dort entstehen 3000 Wohnungen. Das olympische Dorf müsste künftig nach Süden in Richtung Moldauhafen verlagert werden.

Was kosten Olympische Spiele?

Die Ausgaben hängen maßgeblich an den Investitionen für neue Infrastrukturmaßnahmen, zudem steigen die Kosten für die Sicherheit. London, Ausrichter der Sommerspiele, gab insgesamt rund 14 Milliarden Euro aus. In Hamburg wären es momentan etwa sieben bis acht Milliarden Euro, an denen sich die Bundesregierung beteiligen würde. Eine Bewerbungskampagne für Sommerspiele dürfte derzeit mindestens 50 Millionen Euro kosten, einige Experten kalkulieren sogar das Doppelte. Angesichts der allgemeinen Finanzkrise scheut der DOSB, Stadt und Land mit einer Bewerbung ohne akzeptable Erfolgsaussichten zu belasten.

Lohnt sich die Ausrichtung Olympischer Spiele?

Die Währung, die auf eine Olympiaausrichtung sofort und später einzahlt, ist Bekanntheit. Auf diesem Gebiet hat Hamburg gegenüber München und Berlin international Nachholbedarf. Aus ökonomischer Sicht, zum Beispiel steigende Tourismuszahlen, würde Hamburg langfristig von Olympia stärker profitieren als München und Berlin. Ob sich die Ausrichtung Olympischer Spiele am Ende rechnet, ist nicht auf den Cent genau zu kalkulieren. Sydney (2000), Barcelona (1992) und München (1972) sind aber Beispiele, dass Olympia nachhaltig positive Wirkungen entfaltet.

Wie sind Hamburgs Chancen?

2003 scheiterte die Stadt bei der nationalen Ausscheidung an Leipzig, weil die Sportfunktionäre Hamburg dafür bestrafen wollten, jahrzehntelang nichts für den Leistungssport getan zu haben. Das Konzept dagegen wurde international als siegfähig eingestuft, IOC-Mitglieder ordneten es damals auf dem Niveau Londons und Paris' ein. London erhielt 2005 den Zuschlag für die Spiele 2012. Sportpolitisches hat Hamburg in den vergangenen Jahren viele beachtliche Anstrengungen unternommen, die Verbände schätzen Hamburg inzwischen als Austragungsort hochkarätiger Veranstaltungen. Die vom SPD-Senat aufgelegte Dekadenstrategie Sport wird vom DOSB als beispielhaft bewertet. Nicht zuletzt hat der begeisterte Empfang der deutschen Olympiamannschaft am 15. August Hamburg weitere Sympathiepunkte eingebracht. Momentan herrscht im DOSB-Präsidium eine Stimmung pro Hamburg. Die kann sich jedoch schnell ändern, wenn sich die Bundespolitik einmischt, die Sommerspiele in Berlin präferiert.