Der Vorsitzende des Tourismusverbands, Thomas Magold, fordert, die Stadt müsse das Geschenk einer Seilbahn unbedingt annehmen.

Vor fast zwei Jahren hat der Musicalbetreiber Stage Entertainment die Idee präsentiert, eine Seilbahn über die Elbe von der Glacischaussee in St. Pauli bis nach Steinwerder zum "Theater im Hafen" und weiter bis zum Reiherstieg in die neue Mitte Wilhelmsburg zu führen.

Viele Gespräche sind seitdem mit den Bürgern, dem Bezirk Mitte, dem Senat und der Wirtschaft geführt worden. Eindeutig abgelehnt wird das Projekt bisher vom Bezirk Mitte, während die Grünen und die FDP in der Bürgerschaft, die Hamburger Wirtschaft, die Wirtschaftsbehörde, die Handelskammer, der Tourismusverband und der Dehoga sich dafür ausgesprochen haben. Die Haltung der Bürger ist ambivalent, teilweise fehlt es an Informationen, manchmal auch an der Fantasie, sich ein solches Projekt vorzustellen. Folgende Sachverhalte sehe ich gänzlich anders als Matthias Iken am Montag in seiner Kolumne.

Die Bürger entscheiden

Die Bürger sind heute nicht einhellig dafür oder dagegen, das ist richtig; aber, lieber Herr Iken, das schreiben Sie selbst an dieser Stelle vor einigen Monaten: "Ein Konzept, das allen gefällt, findet sich so leicht wie ein Parkplatz in Eppendorf." Genau, das wollte ich auch sagen, konnte es nur nicht so schön formulieren. Übrigens: In Städten, wo ich mir Seilbahnprojekte angesehen habe, sind die Bürger, auch die, die anfangs skeptisch waren, heute dafür; in Koblenz zum Beispiel, wo die Seilbahn über den Rhein befristet bis 2013 genehmigt wurde, hat sich eine Bürgerinitiative "Pro Seilbahn" gegründet, die erreichen will, dass die Seilbahn bleibt.

Besser spät als gar nicht

Dass das Projekt "unpünktlich" ist, kann man Stage und Doppelmayr (übrigens Weltmarktführer im Seilbahnbau) nicht vorwerfen, schließlich geben sie sich allergrößte Mühe, jeden "mitzunehmen" auf dieser Reise; natürlich wird die Seilbahn nicht mehr rechtzeitig zur Internationalen Gartenschau und zur Internationalen Bauausstellung fertig. Trotzdem bleibt es vor allem für die Wilhelmsburger wünschenswert, die Mitte des Stadtteils mit diesem Verkehrsmittel zu erreichen. Der Sprung über die Elbe bis hierher ist also nicht "längst verworfen", er wird bloß seitens der Wirtschaftsbehörde mit Rücksicht auf die HPA derzeit leider nicht verfolgt, dabei darf es aber mittelfristig nicht bleiben.

Ein urbanes Verkehrsmittel

Eine Seilbahn ist nicht nur touristisch attraktiv, sie ist auch ein Verkehrsmittel. Leise und genauso umweltfreundlich wie ein Fahrrad. In derselben Ausgabe des Abendblatts, in der es in der Kolumne heißt: "Eine Seilbahn für Hamburg - was soll das?" steht auch der Artikel: "S-Bahn stößt an ihre Grenzen"; da geht es um die stets überfüllte S3, die über Wilhelmsburg führt. Wäre das nicht mal eine schöne Alternative für die Wilhelmsburger Pendler, über den Hafen zu schweben anstatt Sardine in der S-Bahn-Büchse zu sein?

Vorbild Koblenz oder London

Mit einem Anflug weltstädtischer Arroganz heißt es in der Kolumne vom Montag: "Koblenz! Die Größe einer Sache erkennt man an ihren Vorbildern." Nun, Koblenz hat mit der Seilbahn über den Rhein die derzeit weltweit leistungsfähigste Dreiseilumlaufbahn mit 7600 Personen/Stunde. Aber natürlich gibt es Vorbilder auch in der Champions League der Städte, in der wir uns so gerne sehen: Neben Singapur, Barcelona und Lissabon sind dies London, Rom, Rio de Janeiro und New York.

Kein Millionengrab

Die Stage strebt nur eine befristete Genehmigung an, zehn Jahre für die Nordstrecke über die Elbe, fünf Jahre für die Südstrecke. Die Kosten für Genehmigung, Errichtung, Betrieb und gegebenenfalls Rückbau trägt der Initiator und Betreiber, also die Stage. Von einem möglichen "Millionengrab" für die Stadt zu sprechen, ist irreführend. Die Stadt kann hier kein Geld verlieren, im Gegenteil, sie erzielt sogar Einnahmen; denn die Stage zahlt Miete für städtischen Grund, auf dem der Pylon und die Station errichtet werden sollen.

Daher plädiere ich dafür, das Projekt einer Seilbahn über die Elbe, aber auch die spätere Fortführung nach Wilhelmsburg uneingeschränkt zu unterstützen. Es bringt uns Hamburgern, aber auch unseren Gästen, neue, attraktive Perspektiven der Stadt, der Elbe und des Hafens, es ist ein guter, umweltfreundlicher "Sprung über die Elbe". Finanzielle Risiken geht die Stadt dabei nicht ein; dieses Geschenk sollten wir annehmen.