Air-Berlin-Vorstandschef Hartmut Mehdorn begründet Streichung von Flügen und fordert mehr politische Unterstützung für die Luftfahrtbranche.

Hamburg. Air Berlin macht Gutwetter in der Hansestadt. Hartmut Mehdorn, der Chef der zweitgrößten deutschen Fluglinie und frühere Chef der Deutschen Bahn, kam am Freitag persönlich zum Hamburg Airport. Im Juli war bekannt geworden, dass Air Berlin im Zuge seiner Rationalisierung jährlich 4000 Flüge von und nach Hamburg streicht - ohne dass dies zuvor mit der Leitung des Flughafens und dessen Geschäftsführer Michael Eggenschwiler abgesprochen war.

Mehdorn widersprach am Freitag Befürchtungen, dass sich das Unternehmen weiter zurückziehen könnte: "Hamburg ist und bleibt ein ganz wichtiger Standort für uns, wenngleich wir in der gegenwärtigen Branchenkrise manches zurücknehmen mussten." Neben Berlin, Düsseldorf und München sei Hamburg in Deutschland der viertwichtigste Flughafen für Air Berlin mit 27 direkt angeflogenen Zielen und acht in der Hansestadt stationierten Flugzeugen. Mit einer komfortablen Wartelounge, die im Februar 2013 eröffnet werden soll, will die Fluglinie ihre Präsenz in Hamburg wieder stärken. "Für mich ist Hamburg ein idealer Flughafen - hochmodern, stadtnah und verkehrstechnisch gut angebunden", sagte Mehdorn, der gemeinsam mit Flughafenchef Eggenschwiler und Air-Berlin-Vorstand Paul Gregorowitsch auftrat.

Das Hauptaugenmerk des Managers galt allerdings der Branchenkrise und deren Folgen auch für Air Berlin. Das Unternehmen ist hoch verschuldet und wird nach 2011 auch dieses Jahr mit Verlust abschließen. Wesentliche Verantwortung dafür schreibt Mehdorn, der sich mit öffentlicher Kritik wie gewohnt nicht zurückhielt, auch der Politik zu: "Wir hören in Deutschland auf, ein Luftfahrtstandort zu sein. Die Politik kümmert sich nicht mehr um die Luftfahrtunternehmen. Da spreche ich für die gesamte Branche", sagte er. Mehdorn beklagte, dass die Kosten für die Fluglinien in den vergangenen Jahren massiv gestiegen seien. In diesem Jahr müsse Air Berlin gegenüber 2011 allein 110 Millionen Euro mehr für Kerosin aufwenden. Hinzu kämen die Luftverkehrssteuer in Deutschland wie auch steigende Gebühren für die Überwachung des europäischen Luftraums. "Seit Jahren diskutieren wir vergeblich über einen einheitlichen Luftraum in Europa. Wegen der bestehenden Kleinstaaterei geschieht aber nichts - und die Maschinen fliegen Zickzack, anstatt auf dem kürzesten Weg zum Ziel."

Die Luftfahrtbranche steht international seit Jahren stark unter Druck. Der steigende Ölpreis, aber auch Überkapazitäten und höhere Sicherheitsanforderungen sind wichtige Ursachen dafür. Deutschlands führender Luftfahrtkonzern Lufthansa kündigte diese Woche an, seine innereuropäischen Flüge größtenteils bei der Tochtergesellschaft Germanwings zu bündeln. Weil Germanwings mit geringeren Kosten, etwa für das Bordpersonal, operiert, gilt die Entscheidung in der Branche auch als Kampfansage an Air Berlin. "Germanwings nähert sich vermutlich den Angeboten von Air Berlin an", sagte Mehdorn. "Aber wir lassen uns davon keine Angst einjagen. Bislang kennen wir wenig Details über die Entscheidung der Lufthansa. Ob es klug ist, künftig mit zwei Marken zu operieren, muss das Management dort selbst wissen."

Air Berlin vergrößerte seine Reichweite zuletzt vor allem durch die Kooperation mit Etihad. Die erfolgreiche Fluglinie aus den Vereinigten Arabischen Emiraten baute ihren Anteil an dem deutschen Unternehmen 2011 auf 29 Prozent aus. "Als Air Berlin hätten wir nicht die Kraft gehabt, ein eigenes Streckennetz in Asien zu entwickeln. Eigenständig hätten wir als Fluglinie in diesen Zeiten insgesamt nicht bestehen können", sagte Mehdorn.

In Verbindung mit Hamburg streicht Air Berlin mit dem Winterflugplan, der Ende Oktober beginnt, Verbindungen nach Zürich, Karlsruhe, Köln und Barcelona, die für das Unternehmen nicht mehr rentabel waren. Flüge von und nach Nürnberg werden reduziert. Die Verbindung nach Karlsruhe/Baden-Baden übernimmt von Anfang 2013 an die österreichische Fluglinie InterSky. Air-Berlin-Vorstand Gregorowitsch sagte, sein Unternehmen konzentriere das Angebot von Hamburg aus zunehmend für Geschäftsleute über das Air-Berlin-Drehkreuz in Düsseldorf: "Hamburg ist bei Air Berlin in die internationalen Verbindungen über Düsseldorf eng eingebunden." Von Düsseldorf aus, aber auch aus Berlin und München, gibt es wiederum Flüge mit Air-Berlin-Partner Etihad zu dessen Luftdrehkreuz in Abu Dhabi. Von dort aus bedient Etihad vor allem Ziele in Asien und Australien, aber auch in Afrika und in den USA.

Flughafenchef Eggenschwiler lobte, dass Air Berlin mit dem neuen Wartebereich in Hamburg mehr Präsenz zeigt. "Wir sind über die Einstellung von Flügen natürlich nicht glücklich. Aber wir gehen mit Air Berlin weiter in die Zukunft und freuen uns, wenn das Geschäft und das Passagieraufkommen des Unternehmens von 2013 an auch in Hamburg wieder wächst."