Bürgermeister will noch in diesem Jahr 8,50 Euro Mindestlohn für städtische Beschäftigte

Hamburg. Hamburgs Erster Bürgermeister Olaf Scholz (SPD) will gegen Dumpinglöhne bei der Stadt vorgehen. "Nichts verletzt die Ehre so sehr, als wenn man den ganzen Monat Vollzeit arbeitet und am Ende immer noch öffentliche Unterstützung in Anspruch nehmen muss", sagte Scholz im Abendblatt-Interview. Der Senat werde noch in diesem Jahr Regelungen für einen Mindestlohn von 8,50 Euro für Beschäftigte der Behörden, Ämter, der öffentlichen Betriebe und der Auftragnehmer der Stadt beschließen und in die Bürgerschaft einbringen. "8,50 Euro pro Stunde - das ist nicht viel Geld. Wer den Mindestlohn bekommt, bekommt bitter wenig und kann keine großen Sprünge machen", so Scholz. Aber es sei "ein besserer Schutz gegen den freien Fall nach unten" als die bisherigen Regelungen.

Bremen hat ein solches Gesetz bereits beschlossen, in Schleswig-Holstein laufen die parlamentarischen Beratungen. Dort soll ein Mindestlohn von 8,92 Euro gelten.

Ebenfalls noch in diesem Jahr will der Bürgermeister die Leiharbeitsrichtlinie auf städtische Betriebe ausdehnen: Demnach müssen Leiharbeiter das gleiche Entgelt erhalten wie die Beschäftigten der Betriebe, in denen sie arbeiten. "Die Stadt darf kein Lohndrücker sein", sagte Scholz.

Er reagierte damit auf Recherchen des Abendblatts, nach denen Menschen in Hamburg auf Hartz IV angewiesen sind, obwohl sie für ein städtisches Unternehmen arbeiten. Sie sind prekär beschäftigt, weil städtische Betriebe Geschäftszweige in Tochterfirmen ausgelagert haben, in denen sie niedrigere Löhne zahlen. So verrichten etwa die Beschäftigten der Wert GmbH, die der Stadtreinigung gehört, ähnliche Tätigkeiten wie die Mitarbeiter der Stadtreinigung selbst, erhalten aber bis zu 500 Euro weniger Gehalt.

Scholz begründete dies damit, dass sich die Wert GmbH auf dem Wertstoffmarkt in einer Konkurrenzsituation befinde und an Ausschreibungen teilnehmen müsse. Entscheidend sei, dass "überall Tarifverträge gelten müssen", sagte Scholz auch mit Blick auf den aktuellen Tarifstreit bei der Vereinigung Hamburger Kindertagesstätten. "Das muss nicht immer der Tarif des öffentlichen Dienstes sein. Es kann auch in Ordnung sein, dass man nach einem Tarifvertrag der Gewerkschaften Nahrung-Genuss-Gaststätten bezahlt wird." Die Vereinigung hatte den Hauswirtschaftsbereich in eine Tochterfirma ausgegliedert. Die Gehälter sind laut Ver.di bis zu 30 Prozent niedriger.

Der Bürgermeister versicherte, dass Hamburg an seiner Beteiligung von 25,1 Prozent an den Asklepios-Kliniken Hamburg festhalten werde. Der Konzern hat ebenfalls Töchter gegründet, die niedrigere oder sogar gar keine Tariflöhne zahlen. "Selbstverständlich ist es Sache der städtischen Vertreter, dafür Sorge zu tragen, dass Tarifverträge eingehalten werden. Darauf können wir hinwirken. Und das werden wir auch tun."

Als Fehlentwicklung der Hartz-Reformen bezeichnete Scholz die Tatsache, dass Leiharbeit mittlerweile zunehmend reguläre Beschäftigung verdrängt: "Das muss korrigiert werden." Scholz war zur Zeit der Agenda-Reformen SPD-Generalsekretär.