Eine Glosse von Nico Binde

Unter den beweglichen Feiertagen genießt der heutige Tag des Kaffees noch nicht den Stellenwert des Osterfestes. Aber gemessen am bundesweiten Konsum dürfte es nicht mehr lange dauern, bis Kinder nicht nur im Frühjahr auf den Osterhasen warten, sondern am letzten Freitag im September auch das Geheimnis der gerösteten Bohne suchen. Immerhin schütten wir uns schon heute fünf aufgekochte Kilo Kaffee pro Jahr in den Magen. Nur die von halbjähriger Dunkelheit gebeutelten Nordskandinavier bekämpfen ihre Müdigkeitsgefühle entschlossener.

Dass Hamburg eine wesentliche Rolle in internationalen Kaffee-Angelegenheiten spielt, ist dabei nicht neu. Früher roch die halbe Speicherstadt nach Bohnen, bis heute gilt der Hafen als weltgrößter Umschlagplatz des Rohmaterials. Hier ist täglich Kaffeetag mit Kaffeefahrt, weshalb das vom Deutschen Kaffeeverband veranstaltete Bohnen-Bohei aus Hamburger Sicht fast so künstlich überhöht wirkt wie die Worte von Schirmherr Roger Cicero, wenn er sagt: "Guter Kaffee ist wie gute Musik - beides berührt die Seele." Denn primär berührt Kaffee natürlich weiterhin den Körper, und zwar anregend, konzentrationsfördernd und mundgeruchmindernd. Außerdem soll er gut für die Nierchen sein.

Eine der wundersamsten Meldungen aus der nicht gerade wunderarmen Kaffeeforschung stammt aber immer noch von den beiden amerikanischen Psychologinnen Fay Guarraci und Anastasia Benson. Nach einem Experiment mit 108 weiblichen Ratten kamen die Forscherinnen zu der Erkenntnis, dass Koffein die Tiere noch rattiger macht. Heißt: Dem erhöhten Bewegungsdrang folgte ein gesteigerter Paarungswille, wobei leichtfertige Rückschlüsse vom Nager auf den Menschen nie hinreichend bewiesen wurden. Dafür soll Ludwig van Beethoven vor dem täglichen Mokkagenuss exakt 60 Bohnen abgezählt haben, was wiederum dafür spricht, dass zu viel Kaffee nicht nur rattig, sondern auch seltsam macht. In diesem Sinn: Wohl bekomms!