Gegen böse Überraschungen: Über den neuen Internetdienst können Kunden Gebrauchtwagen vor dem Kauf testen lassen.

Hamburg. Darek Szprega geht prüfend um den weißen BMW herum. Hier die Profiltiefe der Reifen geprüft, dort die Kratzer an den Ledersitzen notiert, im Motorraum das Ölleck gefunden. Szprega prüft den Gebrauchtwagen nach einer Checkliste mit knapp 50 Punkten, er schaut auf TÜV-Berichte und in Wartungshefte, danach macht der Kfz-Mechaniker dem Interessenten einen Vorschlag, wie viel das Fahrzeug noch wert ist.

Der Pole ist Tester bei checkmy-car, einem Hamburger Start-up, das Käufer von Gebrauchtwagen bei ihrer Anschaffung unterstützen will. "Der Tachostand kann zum Beispiel manipuliert sein, oder das Auto hatte womöglich einen Unfall. Das sind alles wichtige Dinge, die der Laie oft nicht sieht", sagt Firmenchef Michael Gösch. Experten schätzen, dass bundesweit bei einem Drittel aller Gebrauchtwagen der Kilometerstand frisiert worden ist: Musste früher die Tachowelle mit einer Bohrmaschine zurückgedreht werden, genügt heute das Drücken einiger Tasten.

Gösch hat das Unternehmen vor ein paar Monaten gemeinsam mit Marc Griefahn gegründet. Griefahn ist als mittelständischer Hamburger Unternehmer Geldgeber, Gösch der Geschäftsführer, der mit der Idee nach und nach das gesamte Bundesgebiet erobern will. "Bisher haben wir 100 Checker, vornehmlich in Großstädten wie Hamburg, Berlin, Köln oder München", sagt Gösch, der in dunklem Anzug und weißem Hemd in einem legeren Büro in Winterhude sitzt.

Die Firma soll ihre Dienste bald in ganz Deutschland anbieten. 200 Prüfer, meist Kfz-Mechaniker oder Sachverständige, sollen dann bis zum Ende des Jahres bei Gösch arbeiten. Schließlich beschränkt sich auch die Nachfrage bei einem Autokauf längst nicht mehr auf eine Region: Durch das Internet sind bundesweite Preisvergleiche möglich. Sucht jemand zum Beispiel einen gebrauchten 3er BMW, findet er auf Online-Märkten wie Autoscout oder mobile.de Hunderte Angebote. Und eventuell befindet sich das Traumauto in der richtigen Farbe, mit der gewünschten Kilometerzahl und der passenden Ausstattung in einem entfernten Ort. "Wir checken das Fahrzeug, damit der Käufer nicht die Reise auf sich nehmen muss und dann eine Enttäuschung erlebt", sagt Gösch. Bald will checkmy-car auch mit einer Werkstattkette kooperieren, um anfallende Reparaturen direkt abarbeiten zu können.

Gösch selbst bezeichnet sich nicht als Autonarr, ist aber Internetfan und der festen Überzeugung, dass der Autokauf über das Netz zunimmt. Auch das Potenzial im Gebrauchtwagenmarkt spricht für das junge Unternehmen. Im vergangenen Jahr haben 6,81 Millionen Gebrauchtwagen in Deutschland den Besitzer gewechselt. 35 Prozent der Käufe liefen über die Neuwagenhändler, 21 Prozent wickelten Gebrauchtwagenanbieter ab und 44 Prozent der Wagen verkauften Privatleute. "Bei privaten Anbietern heißt es: gekauft wie gesehen", sagt Gösch und spielt damit auf das Risiko an, ein schadhaftes Fahrzeug zu erwerben.

Auch die Gewährleistung bei Händlern entbinde die Käufer nicht von der Gefahr, plötzlich mit einem Kolbenfresser liegen zu bleiben. "Auch die Händler wissen oft nichts von Mängeln und gehen nicht jedem Fehler nach", sagt Gösch. Schließlich verließen sich auch diese Profis auf eine Mischkalkulation, bei der etliche Fahrzeuge 100-prozentig in Ordnung seien, andere aber Probleme hätten. Und noch einen Vorteil biete der Check: "Wir geben eine Preisempfehlung", sagt Gösch, und Darek Szprega ergänzt: "Hierbei verknüpfen wir die Historie des individuellen Fahrzeugs mit Angaben aus dem Internet und vergleichen, was ähnliche Autos im gesamten Bundesgebiet kosten."

Bisher haben sich bereits mehr als 200 Kunden für einen Check durch die Hamburger entschieden, sie bezahlten dabei 99 Euro für einen Vor-Ort-Check oder 29 Euro für eine telefonische Überprüfung ihres Wunschautos. "Bis Ende 2012 wollen wir auf 100 Checks im Monat kommen", sagt Gösch. Auch die "Zentrale" in Winterhude soll dann weiter wachsen. Zu den bisher sieben Mitarbeitern dürfte noch einmal eine Handvoll hinzukommen.

Übrigens sind Kfz-Kenntnisse für die Manager nicht zwingend: Gösch selber ist promovierter Biophysiker. In seinem früheren Berufsleben hat er in Schweden DNA für die Medizinforschung untersucht. "Aber das Unternehmertum hat mich immer gereizt", sagt der Vater eines kleinen Sohnes.