Führender deutscher Entwickler von Offshore-Projekten sieht sich im Zeitplan. Die Zahl der Mitarbeiter in Hamburg wird weiter aufgestockt.

Hamburg. Willi Balz gibt sich zupackend und zuversichtlich. Ob er Zweckoptimismus verbreitet oder eine realistische Sicht der Dinge, wird sich erweisen, Tag für Tag in den kommenden Jahren. Balz ist Gründer, Inhaber und Chef des Unternehmens Windreich mit Sitz in Wolfschlugen bei Stuttgart. Die Firma mit ihren derzeit 140 Mitarbeitern - 60 davon in Hamburg - hat mehr Offshore-Windparks für die deutsche Nordsee und Ostsee entwickelt als jedes andere Unternehmen.

Balz ist einer der Hauptakteure in einem Milliardengeschäft, das die deutsche Energiewende maßgeblich voranbringen soll. In einem Geschäft aber auch, das in den vergangenen Monaten von Rückschlägen und zunehmender Skepsis überschattet wird, vor allem deshalb, weil sich die Landanschlüsse für Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee teils deutlich verzögern.

"Zehn Jahre Vorbereitungszeit sind normal, bevor der Bau eines Offshore-Windparks beginnen kann", sagt Balz. Das erste Großprojekt, das Windreich bis zur Realisierung entwickelt und geplant hat, wird seit August gebaut. Der Windpark Global Tech 1 liegt gut 180 Kilometer nordwestlich von Bremerhaven. 80 Windturbinen sollen dort auf riesigen Fundamenten in gut 40 Meter Wassertiefe installiert werden. Der Baukonzern Hochtief setzt dafür unter anderem die neue "Innovation" ein, das weltweit größte Installationsschiff für die Offshore-Windkraft. Rund 1,8 Milliarden Euro kostet das Projekt, es gilt als bislang größte Investition in ein Kraftwerk auf der Basis erneuerbarer Energietechnologien überhaupt. Finanziert wird es von 16 Banken, darunter der bundeseigenen KfW und der Europäischen Investitionsbank, sowie den Gesellschaftern von Global Tech 1. Windreich hält an dem Windparkprojekt gut 14,5 Prozent der Anteile.

Balz dreht ein großes Rad. Insgesamt 22 Projekte für Offshore-Windparks allein in der deutschen Nordsee hat er in Planung. Die Schwarzmalerei über Probleme und Risiken bei der Finanzierung oder bei der Umsetzung der Landanschlüsse mag er nicht teilen. "Die Finanzierung von Global Tech 1 haben wir zwischen 2008 und 2011 unter weit schwierigeren Bedingungen organisiert, als sie heute herrschen", sagt er. "Es gab ja vor der Reaktorkatastrophe von Fukushima noch nicht einmal den heutigen Beschluss zum Atomausstieg. Die Bundesregierung hatte die Laufzeit der deutschen Atomreaktoren nach ihrem Amtsantritt 2009 im Gegenteil sogar erst einmal verlängert."

Auch Windreich muss bei den Landanschlüssen improvisieren. Für Global Tech 1 wie auch für das Projekt Deutsche Bucht müssen Stichleitungen zu den Anschlüssen anderer Windparks gelegt werden, um die Anlagen zeitnah ans Netz zu bringen. Gegen das Unternehmen Tennet, den für die deutsche Nordsee zuständigen Netzbetreiber, leitete Windreich rechtliche Schritte ein, um die eigene Position bei weiteren Verzögerungen abzusichern.

Gleichwohl lobt Balz das niederländische Unternehmen, das zuletzt von vielen als Hauptverursacher bei den Verzögerungen der Landanschlüsse angeprangert worden war: "Es mag sein, dass manche Aktion von Tennet in jüngerer Zeit zu Recht für Verstimmung gesorgt hat. Aber das Unternehmen hat bislang 5,5 Milliarden Euro in die Landanschlüsse für Offshore-Windparks in der deutschen Nordsee investiert. Das ist ja auch ein Wort."

Balz nimmt stattdessen jene Unternehmen ins Visier, die zuletzt Zweifel am deutschen Offshore-Markt geschürt hatten. Der Essener Energiekonzern RWE etwa hatte im Sommer das Projekt Innogy 1 Nordsee nördlich von Juist verschoben, um mehr wirtschaftliche Sicherheit beim Landanschluss abzuwarten. Die Bundesregierung plant eine gesetzliche Haftungsumlage für Stromverbraucher. Daraus sollen die Investoren von Offshore-Windparks für entgangene Einnahmen aus Offshore-Windstrom entschädigt werden, wenn sich die Landanschlüsse verzögern. Das Gesetz muss noch von Bundestag und Bundesrat beschlossen werden. "Um die Hürden für die Zulassung eines Landanschlusses bei der Bundesnetzagentur zu nehmen, muss man etwa 100 Millionen Euro investieren", sagt Balz. "So weit ist vielleicht mancher Beteiligte noch gar nicht gekommen, der jetzt Kritik an den Genehmigungsverfahren und an den Baufortschritten übt."

Den Standort Hamburg will Balz weiter ausbauen. Etliche Unternehmen der Branche haben ihren Sitz mittlerweile in der Hansestadt, aber auch das für Offshore-Genehmigungen zuständige Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH). "Wir werden in Hamburg weiter Personal aufbauen", sagt Balz. "An einer Niederlassung in der Hansestadt kommt in der Windkraftbranche, vor allem bei den Offshore-Windparks in der Nordsee, niemand mehr vorbei."