Eltern am Turmweg fordern Sonderregelung für ihre Kinder. Diese Schule wird heute als besonders fußgängerfreundlich ausgezeichnet.

Hamburg. Morgens gegen acht Uhr blockieren Eltern regelmäßig den Turmweg und die Hallerstraße. Mit ihren Autos, darunter viele Geländewagen, laden sie ihre Kinder direkt vor der Schule ab. "Ein großer Teil der Eltern ist zu faul, sich etwas weiter entfernt einen Parkplatz zu suchen", sagt Sandra Kotthöfer. Ihr Sohn Luca, 8, geht in die dritte Klasse an der Grundschule Turmweg. Die Schule richtet heute in Hamburg den weltweiten "Zu Fuß zur Schule"-Tag mit vielen Mitmach-Aktionen aus.

Obwohl noch immer viele Mütter und Väter, nicht nur am Turmweg, ihre Kinder von Haustür zu Schultür kutschieren, verändert sich die Haltung vieler Eltern zum Autofahren. Schon 58 Hamburger Grundschulen mit 14.000 Schülern nehmen an der Aktion "Zu Fuß zur Schule" teil. Für ihre Fußgängerbemühungen werden die Marie-Beschütz-Schule, die Schule Alsterredder sowie die Grundschule Eppendorf ausgezeichnet - auch die Grundschule Turmweg.

Eltern, Lehrer und Experten erarbeiteten an der Schule mit den 450 Schülern unter dem Titel "Zu Fuß zur Schule - weniger Autos im Schulumfeld" einen Verkehrsplan. Und tatsächlich sank die Zahl der Autos vor der Schule von 160 Fahrzeugen auf zuletzt stichprobenartig gezählte 17.

Ausgerechnet an der fußgängerfreundlichen Grundschule Turmweg aber fordern Eltern nun einen neuen, sicheren Eingang an der Hallerstraße - nach Möglichkeit mit Zebrastreifen und einer sogenannten Drop-off-Zone für ihre Kinder, damit diese nach dem Vorbild einer Bushaltestelle besser mit dem Auto direkt vor der Schule abgesetzt werden können. Sicherheit ist den Eltern wichtig, nachdem am Eingang Hallerstraße vor gut einem Jahr ein Neunjähriger auf der Straße von einem Linienbus angefahren wurde. Sein Vater hatte den Jungen mit dem Wagen zur Schule gebracht. Der umstrittene Nebeneingang an der Hallerstraße war nach dem Unfall geschlossen worden. "Eine solche Zone ist aber auch die Maximalforderung unseres Konzepts", sagt Elternratsvorsitzende Kristiane Schlaak. Diese Zone sei im Verkehrsplan untergeordnet. Viel wichtiger sei ein zweiter Eingang an der Hallerstraße, denn aus dieser Richtung kämen viele Kinder. "Ein sicherer Weg ist unser oberstes Ziel. Und an regnerischen oder dunklen Tagen wäre eben auch eine spezielle Haltezone sinnvoll. Denn alle Eltern wird man nie zu Fußgängern erziehen können."

Vor allem deshalb nicht, weil ein Teil der Schüler auch nicht in unmittelbarer Nähe zur Schule wohnt. Nikolai, 9, ist vor vier Monaten von der Rappstraße an die Eppendorfer Landstraße gezogen. Morgens fährt er allein mit der U-Bahn zur Schule, nachmittags holt ihn seine Mutter mit dem Auto ab. Und Luca wohnt an der Osterstraße. "Ich bringe meinen Sohn mit dem Auto zur Schule, weil ich finde, dass er mit seinen acht Jahren noch zu jung ist, um mit öffentlichen Verkehrsmitteln zur Schule zu fahren", sagt Sandra Kotthöfer.

Das Bezirksamt hält Pläne für eine gesonderte Haltebucht allerdings für haarsträubend. "Eine Drop-off-Zone wird es mit mir nicht geben", sagt Bezirksamtsleiter Torsten Sevecke (SPD). Sein Amt müsste über derartige Änderungen entscheiden. "Damit werden Eltern eingeladen, ihre Kinder vor die Schule zu kutschieren. Das halte ich für ein fatales und falsches Signal." Sevecke will heute beim Aktionstag mit den Eltern diskutieren, sich die Argumente anhören. "Aber nach allem, was ich bisher weiß, gibt es für einen zweiten Eingang oder die spezielle Haltezone keine ausreichenden Gründe."

Diese Ansicht vertritt auch Gunter Bleyer, Fachreferent in der Schulbehörde: "Bei den Schülern am Turmweg ist der Schulweg-Pass der Renner. Eine Haltezone fördert das Verhalten uneinsichtiger Eltern noch. Das könnte man als Aufforderung verstehen, mit dem Auto zu kommen."

Dabei läuft die Bring- und Abholsituation am Turmweg aus seiner Sicht gut. "Viele Eltern sind auf dem richtigen Weg. Die Fußgängerquote ist gestiegen, die Kinder reagieren positiv auf das Verhalten." In den nahen sogenannten Kiss-and-go-Zonen wie an der Hansastraße könnten Eltern ihre Kinder problemlos absetzen und das letzte Stück zur Schule allein gehen lassen. "Eltern sollten sich Zeit für den Fußweg nehmen", sagt auch Polizeisprecherin Sandra Levgrün. "Denn wo mehr Autos vor die Schule gefahren werden und falsch geparkte Wagen die Situation verschlimmern, erhöht sich das Risiko." Die Elternratsvorsitzende Kristiane Schlaak versteht allerdings nicht die abwehrende Haltung des Bezirksamts. "Es in allen Punkten abzuschmettern regt hier viele auf. Denn wir sind in unseren Überlegungen nur um die Sicherheit unserer Kinder bemüht."