Hamburg Energie gewinnt die Ausschreibung und erntet dafür Kritik. Das Unternehmen beliefert nun rund 3750 Liegenschaften mit Ökostrom.

Hamburg. Der städtische Versorger Hamburg Energie beliefert zukünftig alle Gebäude, die im Besitz der Hansestadt sind, mit Ökostrom aus Wind- und Wasserkraft. Insgesamt handelt es sich um rund 3750 Liegenschaften wie etwa Theater, Schulen oder auch Behörden. Aufträge mit einem solch hohen Volumen muss die Stadt europaweit ausschreiben. "Wir haben die Vergabe gewonnen", sagt Hamburg-Energie-Chef Michael Beckereit. "Es gab keine Mauscheleien", betont er im Hinblick darauf, dass in den vergangenen Monaten Konkurrenten wie LichtBlick oder Vattenfall sowie Oppositionspolitiker in der Bürgerschaft den Verdacht geäußert hatten, dass Hamburg Energie, zu 100 Prozent der Stadt gehörend, Preisdumping betreibe und eine Quersubvention von der Muttergesellschaft Hamburg Wasser erhalte. Mittlerweile haben Oppositionspolitiker darauf gedrängt, dass der Rechnungshof die Bilanzen durchleuchtet. "Wir sind der transparenteste Energiekonzern, den es gibt", sagt Beckereit. "Unsere Bilanzen kann jeder einsehen. Wir werden von unserem Aufsichtsrat durch die Stadt kontrolliert und beantworten jede Anfrage aus der Bürgerschaft."

"Wir haben die beste Grünstrom-Kompetenz in Hamburg", begründet Beckereit den Zuschlag. Zudem habe das Unternehmen alle Ausschreibungsbedingungen erfüllt. Die 30 Mitarbeiter starke Firma beschafft nicht nur Ökostrom für die Stadt, sondern ist auch für die Bilanzierung und die Abrechnung des Auftrages zuständig. Der Preis von Hamburg Energie habe bei der Vergabe auch eine Rolle gespielt. "Wir wollen profitabel arbeiten, aber wir streben nicht nach Rekordrenditen. Unser wichtigstes Ziel ist, günstigen Ökostrom in der Stadt anzubieten - und dabei die von uns anvisierte Rendite zu erzielen", sagte Beckereit, ohne genaue Margen zu nennen. Derzeit beliefert unter anderen der Hamburger Marktführer Vattenfall die Stadt.

+++ Hamburg Energie rechnet erstmals mit Gewinnen +++

Dass der große Auftrag ausschließlich an Hamburg Energie vergeben wurde, lässt die Politik aufhorchen. "Ich frage mich, wie ein mittleres Energieunternehmen in der Lage ist, Preise zu bieten, die unter denen der großen Wettbewerber liegen", sagt etwa der Hamburger Bürgerschaftsabgeordnete Thomas-Sönke Kluth (FDP). Er will diesbezüglich eine Kleine Anfrage an den Senat stellen. Kluth fragt sich auch, ob der Großauftrag dem Geschäftsmodell von Hamburg Energie entspreche. "Das Unternehmen hat sich vorgenommen, die Hälfte des verkauften Stroms selbst zu produzieren.

Wie soll dies bei einem so großen Auftragsvolumen möglich sein?" Kluth gehört zu den Abgeordneten, die den Rechnungshof aufgefordert haben, die Bilanzen von Hamburg Energie in puncto Quersubventionierung zu prüfen. "Ich habe manchmal den Eindruck, dass es der FDP schon aufgrund ihrer ordnungspolitischen Haltung schwerfällt, sich ein wirtschaftlich erfolgreich am Markt agierendes kommunales Unternehmen vorzustellen. Wir werden weiter daran arbeiten, unsere Kritiker vom Gegenteil zu überzeugen", sagt dazu Beckereit.

"Wir wollten uns den Prestigeauftrag der Stadt Hamburg nicht teuer erkaufen. Es ist unser Geschäftsprinzip, dass jeder einzelne Stromliefervertrag die Kosten decken muss. Das war bei dieser Ausschreibung nicht zu erwarten. Darum haben wir uns von vornherein nicht beteiligt", sagt Ralph Kampwirth, Sprecher vom Hamburger Ökostrom-Anbieter LichtBlick. "Denn es ist fragwürdig, ob der Strom für die Stadt angesichts des schwer nachvollziehbaren Preiswettbewerbs zu wirtschaftlich angemessenen Preisen angeboten wurde", so Kampwirth weiter.

+++ Hamburg Energie weist Preisdumping zurück +++

"Wir haben mit einer angemessenen Rendite kalkuliert. Dass einzelne Wettbewerber höhere Renditeanforderungen haben, mag sein. Unser Angebot ist gut für beide Seiten - für die Stadt Hamburg und für Hamburg Energie", entgegnet Beckereit. Der Vertrag mit Hamburg Energie beginnt zum Jahreswechsel und läuft bis Ende 2014. Danach kann der Versorger eine Option auf ein weiteres Jahr ausüben. Insgesamt handelt es sich um eine Jahresmenge von 365 Millionen Kilowattstunden. Dies entspricht einem Jahresverbrauch von rund 135 000 Hamburger Haushalten und einem Umsatz von insgesamt 50 Millionen Euro.

Hamburg Energie wurde 2009 vom damaligen schwarz-grünen Senat als Tochter von Hamburg Wasser gegründet. Ziel war zum einen, die Bürger der Stadt mit bezahlbarem grünen Strom zu versorgen. Bislang hat das Unternehmen auch wegen der hohen Anlaufkosten noch keine Gewinne erwirtschaftet. Mit inzwischen knapp 90 000 Strom- und 11 000 Gaskunden ist sich Beckereit aber sicher, dass er dieses Jahr erstmals ein Plus ausweisen kann. "Wir liegen voll im Plan", sagt er. Ein Grund ist, dass der anfangs hohe Marketingaufwand zur Kundensuche gedrosselt wurde: "Wir geben im Schnitt 50 bis 60 Euro aus, um Kunden zu gewinnen. Bei vielen großen Konzernen liegt dieser Betrag bei weit mehr als 300 Euro." Der Hamburger Mitbewerber Vattenfall wirbt derzeit mit einem Bonus für wechselwillige Strombezieher in Höhe von 100 Euro. "Solche Angebote machen wir nicht", so Beckereit.