CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich kritisiert Sparpläne der Sozialbehörde. Ortstermin mit dem Politiker in einer bedrohten Einrichtung im Alten Land.

Neuenfelde. Die Worte gleich nach der Begrüßung sollen keinen Zweifel an der Dringlichkeit des Problems aufkommen lassen. "Hier geht es nicht um eine Reduzierung, sondern um einen kompletten Wegfall des Angebots." Katja Philipp, Bereichsleiterin für Kinder, Jugendliche und Familie beim Deutschen Roten Kreuz (DRK), empfängt CDU-Fraktionschef Dietrich Wersich und den CDU-Familienexperten Christoph de Vries im DRK-Kinderzentrum Neuenfelde. Die beiden Politiker sind gekommen, um sich von den Sparplänen des Senats bedrohte Einrichtungen der offenen Kinder- und Jugendarbeit anzusehen.

Wersich war selbst einmal Sozialsenator. Als Oppositionsführer sucht er nach Angriffspunkten bei der Regierung. Und so ist es kein Zufall, dass er gerade dieses Projekt am Liedenkummer Bogen im Alten Land besucht. Acht Kinder mit massiven Ausgrenzungserfahrungen und Vernachlässigungen werden hier betreut. Sie haben Defizite im Sozialverhalten. Gäbe es diese Einrichtung nicht, müssten sie in das System der Hilfen zur Erziehung (HZE) fallen. Das ist teuer, etwa 12 000 Euro pro Kind und Jahr. Das DRK-Projekt kostet 14 000 Euro im Jahr - für alle acht. Aber es steht auf der Streichliste der Sozialbehörde.

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Diese geht zurück auf die Einsparpläne von Sozialsenator Detlef Scheele (SPD). Der will im Bereich der offenen Kinder- und Jugendarbeit zehn Prozent, also 3,5 Millionen Euro, wegstreichen. Noch in der vergangenen Woche machte Scheele das bei den Haushaltsberatungen im Familienausschuss klar. Am Ende werde es weniger Auswirkungen geben als derzeit befürchtet, ließ er wissen.

Im April informierte Scheele erstmals über die geplanten Sparmaßnahmen. Ziel ist es, die Ausgaben um 67,5 Millionen Euro zu senken. Und Scheele beharrt darauf, dass alle Ressorts einen Sparbetrag zu leisten haben. Immerhin blieben der offenen Kinder- und Jugendhilfe noch 30 Millionen Euro. Dennoch befürchten Kritiker, dass bis zu 30 Einrichtungen schließen müssen. Die Jugendhilfeausschüsse, die in den Bezirken die Budgets verteilen und mit Scheeles Parteifreunden besetzt sind, haben sich gegen die Sparmaßnahmen ausgesprochen.

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Das DRK-Kinderzentrum Neuenfelde sei ein gutes Beispiel dafür, dass der Senat ohne Konzept seine Sparpläne durchziehe, sagt CDU-Mann Christoph de Vries. "Da wird nach dem Rasenmäherprinzip gehandelt, ohne auf die Folgekosten zu schauen. Am Ende kostet das nämlich mehr." Gleiches gelte auch für die Spielplatzgruppe im Treffpunkthaus Heimfeld, welche die CDU-Delegation ebenfalls besucht. Zwölf Kinder aus dem Stadtteil kommen zweimal in der Woche dorthin. Es handelt sich um ein Angebot für Familien, die kein Geld für einen Krippenplatz ausgeben wollen. 20 000 Euro kostet das die Stadt im Jahr. Mehr als das Vierfache wäre es, wenn alle Kinder in die Krippe gingen. "Zudem werden Eltern, die ein niedrigschwelliges Angebot wollen, in den Fünftagebetrieb der Krippen gezwungen oder fallen ganz aus dem System", kritisiert Wersich.

Die Kritik an den Sparmaßnahmen kontert die Sozialbehörde damit, dass sie insgesamt mehr Geld ausgeben werde. Für die ganztägige Bildung und Betreuung an Schulen, die die offene Jugendarbeit teilweise ersetzen soll, werde die Stadt mit 115 Millionen Euro etwa 30 Millionen Euro mehr als bislang ausgeben. Die Träger bräuchten also nur ihr Angebot umzustellen. Dann sei ihnen, aber auch den Kindern geholfen.

Das Argument verfängt bei Oppositionsführer Wersich nicht. "Unterm Strich bleibt, dass das Angebot für Kinder und Jugendliche weg ist." Zudem bräuchten diese ein Angebot außerhalb der Schulen. "Und wenn es ganz schlimm kommt, dann fallen die Jugendlichen in das teure System der Hilfen zur Erziehung."