Mit stoßfesten Modellen trotzen Hamburger legal der EU-Verordnung. Sparleuchten sind umweltschonend - haben aber auch Nachteile.

Hamburg. Die Kundin im grauen Mantel hat sich eine Liste gemacht. Matte Glühbirnen für ihren chinesischen Seidenschirm muss sie noch kaufen und kerzenförmige 40-Watt-Lampen für die großen Leuchter. Insgesamt fast 100 Modelle hat sie auf ihrem Zettel in sauberer Handschrift vermerkt. Das dürfte reichen, um das unvermeidliche Ende der Glühbirne noch für einige Jahre hinauszuzögern - zumindest in ihrer Wohnung.

Ein wenig peinlich ist es der Dame schon, hier in Lurup beim Hamstern der Stromfresser ertappt zu werden. "Ich bin ja auch für die Umwelt und das Energiesparen", sagt sie ein wenig entschuldigend. "Aber die neuen Lampen geben einfach dieses furchtbare kühle Licht ab, das ich nicht mag."

Szenen wie diese spielen sich derzeit häufig in dem kleinen Lampenladen Lichtservice Schrader an der Luruper Hauptstraße ab. Aus ganz Hamburg kommen die Kunden in das unscheinbare Geschäft, um sich vor dem 1. September noch mit einem Vorrat der lieb gewonnenen Leuchtmittel einzudecken. "Die Leute wollen sich einfach nicht von Bürokraten vorschreiben lassen, welche Lampen sie bei sich zu Hause verwenden sollen", sagt Geschäftsinhaber Stefan Schrader.

+++ Übertriebenes Verbot +++

+++ Glühbirnen gehen auf den Rest: Verbraucher haben die Wahl +++

Am Sonnabend tritt nämlich die vierte und damit letzte Stufe des Glühbirnen-Verbots der EU in Kraft. Von diesem Datum an dürfen große Hersteller wie Philips oder Osram Glühlampen mit einer Leistung von 25 und 40 Watt nicht mehr produzieren und an den Handel ausliefern, nachdem der Bannstrahl aus Brüssel zuvor schon die Modelle mit 60 und 100 Watt getroffen hatte. Verkauft werden dürfen nur noch bereits früher hergestellte Restbestände. Ziel der Aktion: Strom sparen und mehr Klimaschutz. Traditionelle Glühlampen wandeln nämlich nur etwa fünf Prozent der Energie in Licht um, der Rest verpufft als Wärme. Bei Energiesparlampen ist die Ausbeute mit rund 25 Prozent deutlich höher.

Doch die von der EU propagierten Sparleuchten weisen auch eine ganze Reihe von Nachteilen auf, die von der Verzögerung beim Einschalten über das kühle Licht mit fehlendem Infrarotanteil bis hin zum giftigen Quecksilber reichen, das in geringen Mengen in den Lampen verwendet wird und beim Zerbrechen austreten kann.

Daher haben sich eingefleischte Energiesparlampengegner wie Stefan Schrader Wege überlegt, wie sie der EU auf legale Weise ein Schnippchen schlagen können. Schrader interpretiert den Begriff des "Restbestands" für sich besonders großzügig und hat sich daher ein riesiges Lager mit drei bis vier Millionen klassischen Glühbirnen angelegt.

Weitgehend unbekannte Marken wie Paulmann oder Leuci stapeln sich bei ihm bis unter die Decke, es gibt Dekoleuchten von Philips und sogar noch Birnen, die statt des gängigen Wolframfadens einen besonders schön glühenden Kohlefaden enthalten. Da Schrader schon vor Jahren mit dem Sammeln angefangen hat, führt er auch noch jede Menge 60- und 100-Watt-Birnen, deren Produktion die EU schon in den früheren Stufen der sogenannten Ökodesign-Richtlinie untersagte.

Eine andere Möglichkeit, um dem Glühbirnen-Verbot zu trotzen, hat man bei Manufactum im Hamburger Kontorhausviertel entdeckt. "Energiesparlampen geben einfach ein scheußliches Licht ab", macht Warenhausleiter Torsten Jachalke aus seiner Abneigung gegenüber den modernen Leuchten keinen Hehl.

In dem Geschäft gibt es daher neben Telefonen mit klassischer Wählscheibe und verschnörkelten Wasserhähnen auch noch 40-, 60- und 100-Watt-Glühbirnen von Philips - allerdings in einer besonders "stoßfesten" Variante. Diese Lampen mit extra ummanteltem Wolframfaden sind eigentlich für besonders strapaziöse Umgebungen wie Schiffsmaschinenräume oder Industrieanlagen gedacht, können aber prinzipiell überall eingesetzt werden. Der Trick: Als Speziallampen fallen diese Glühbirnen nicht unter die EU-Verordnung für Haushaltslampen und dürfen auch weiterhin produziert und vertrieben werden. Mit 3,80 Euro pro Stück sind die Lampen allerdings ziemlich teuer und wegen der gesonderten Ummantelung sogar noch ineffizienter als die alte Glühbirne. "Wir weisen sie auch gesondert aus und machen den Kunden klar, dass sie aufgrund ihrer Robustheit und extremen Langlebigkeit für Spezialanwendungen gedacht sind", betont Jachalke. Insgesamt handele es sich um einen Nischenmarkt.

Außerdem hat das Treiben mit den Speziallampen schon die EU-Kommission auf den Plan gerufen. Weil in Berliner Baumärkten die stoßfesten Modelle direkt neben normalen Birnen aufgetaucht waren, forderte eine Sprecherin von Energiekommissar Günther Oettinger die deutschen Behörden auf, die Geschäfte verstärkt zu kontrollieren. Die Speziallampen müssten in einer gesonderten Abteilung oder einem eigenen Regal ausgelegt werden. Auch die Deutsche Umwelthilfe kündigte Kontrollen an.

Ein anderer, nicht ganz ernst gemeinter Rettungsversuch für die Glühbirne ist bereits im Juni dieses Jahres vom Verwaltungsgericht Aachen vereitelt worden. Ein findiger Ingenieur hatte die Lampen wegen ihrer Hitzeentwicklung kurzerhand als Heizgeräte für die Wohnung deklariert und sie als "Heatball" im Internet vermarktet. Die erste Edition war schnell vergriffen, doch als er eine zweite mit rund 40 000 Stück auflegen wollte, schoben die Behörden der Satireaktion einen Riegel vor. Der Fall beschäftigte mehrere Instanzen, bis die Aachener Richter schließlich entschieden: Eine Glühlampe macht Licht. Sonst nichts.

Ein Massenphänomen scheint der Protest gegen die Energiesparlampe aber ohnehin nicht mehr zu sein. Die großen Hamburger Baumärkte haben in den vergangenen Wochen keine umfangreichen Hamsterkäufe von Kunden mehr registriert. "Wir haben uns auch nicht mit Restbeständen an Glühlampen eindeckt", sagt eine Sprecherin der Kette Max Bahr. In kleineren Filialen wie in Altona gibt es überhaupt keine Glühbirnen mehr.

Bei 1000 Töpfe in Bahrenfeld werden offensiv Halogenlampen von Osram als Alternative zu den alten Glühbirnen propagiert. "Die neue Glühlampe ist da. Gleiche Form, besseres Licht", heißt es über einem zentral platzierten Kasten mit alten 60-Watt-Birnen auf der einen Seite und Halogenmodellen auf der anderen. Ungleich ist freilich der Preis: Die alten Lampen kosten 2,39 Euro im Doppelpack, die Halogenvarianten sind hingegen mit 1,99 pro Stück deutlich teurer.

Um den Kunden den Abschied vom vertrauten Glühfaden möglichst leicht zu machen, ist man bei Osram auf die Idee gekommen, die kleinen Halogenleuchten einfach in ein Glühbirnengehäuse zu packen. Das bringt technisch zwar nichts, kommt optisch den alten Lampen aber am nächsten. "Halogenlampen haben zudem den Vorteil, dass sie das gleiche Licht wie Glühbirnen abgeben, beim Einschalten sofort aufleuchten und dimmbar sind", sagt eine Osram-Sprecherin. Allerdings ließe sich mit ihnen maximal 30 Prozent an Strom einsparen, während es bei Energiesparlampen rund 80 Prozent im Vergleich zur Glühbirne seien.

Ein weiterer Nachteil der Halogenbirnen besteht darin, dass es sie nur mit Klarglas und nicht in einer matten Variante gibt, die wegen ihres diffusen Lichts von vielen Verbrauchern als besonders angenehm empfunden wird. Schuld daran ist einmal mehr die EU, die matte Lampen nur noch in der Effizienzklasse A erlaubt. Diese erreichen nur Energiesparlampen, Halogenleuchten sind hingegen in die Kategorie C eingeordnet. Wer also eine matte Leuchte kaufen möchte, muss notgedrungen zur Energiesparlampe oder einer der Speziallampen greifen- oder die üppigen Restbestände im Lampenladen von Stefan Schrader plündern.

Hier hat gerade die Kundin mit der langen Einkaufsliste ihre Shoppingtour beendet. Bei der Rechnung über gut 170 Euro für ihre Lichtnostalgie schluckt sie ein wenig. "In den sauren Apfel muss ich wohl beißen", sagt die Mittfünfzigerin, während sie ihre Einkäufe in mehreren großen Beuteln verstaut. Beim Hinausgehen dreht sich die Dame noch kurz um. "Aber danke, dass Sie die Glühbirne am Leben erhalten."