Aida-Reederei stellt eine neue Technik vor, mit der Emissionen reduziert werden sollen. Konzept der Wirtschaftsbehörde verzögert sich.

Hamburg. Jahrelang haben sich in Hamburg Anwohner über Ruß aus Schiffsschornsteinen beschwert. Durch den in den Hilfsmaschinen im Hafen verbrannten Treibstoff gelangen zudem Stickoxide und Kohlendioxid in die Luft. Doch damit soll zumindest für die Kreuzfahrer der Rostocker Reederei Aida bald Schluss sein. "Wir wollen unsere Schiffe vom Sommer oder Herbst 2013 an im Hafen umweltfreundlich mit Strom versorgen", sagte der Präsident von Aida Cruises, Michael Ungerer, gestern in Hamburg.

Den notwendigen Strom wird künftig ein auf einer Schute installiertes, mit Flüssiggas (LNG) betriebenes Kraftwerk erzeugen. Der Ausstoß von Stickoxiden reduziert sich damit um 80 Prozent, der von Kohlendioxid (CO2) um 30 Prozent. Rußpartikel und Schwefel kommen gar nicht mehr in die Luft. Zwar werden in Vancouver oder Los Angeles bereits Schiffe vom Kai aus über Kabel mit Strom versorgt. Erstmals weltweit wird in Hamburg nun vom nächsten Jahr an Energie von einer schwimmenden Plattform aus geliefert.

Das Konzept für Aida Cruises, deren Flotte bereits weitgehend für die externe Stromversorgung ausgerüstet ist, geht auf eine Entwicklung des Hamburger Schiffsruderspezialisten Becker Marine Systems zurück. Die Firma befasst sich seit drei Jahren auch mit dem Einsatz von Flüssiggas in der Schifffahrt. "Die Schute ist dabei eine Weiterentwicklung von Fähren für das Wattenmeer, die jetzt gebaut werden", so Becker-Chef Dirk Lehmann.

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Auf dem Schiff werden fünf Gasmotoren installiert, die gekoppelt an Generatoren eine Leistung von insgesamt 7,5 Megawatt erreichen. An Bord der Schute sind dabei keine eigenen Tanks vorgesehen. Vielmehr wird das Schiff jeweils alle ein bis zwei Tage mit neuen Gastanks beladen. "Während der Wintermonate, in denen kaum Kreuzfahrtschiffe nach Hamburg kommen, soll die Schute im Hafen festmachen", sagte Lehmann. Dort soll E.on Hanse die Gasmotoren mit Erdgas versorgen. Der erzeugte Strom wird dann ins Netz des Versorgers eingespeist.

Den Transport des Gases zum Hafen übernimmt die Brunsbüttler Schramm Group, die Eigner des Hafens an der Unterelbe ist. "Wir errichten gerade mit dem norwegischen Gasversorger Gasnor eine Flüssiggastankstelle und werden von dort LNG entweder per Binnenschiff oder Lkw nach Hamburg bringen", sagte Geschäftsführer Hans Helmut Schramm. Schlepper des Unternehmens werden dann die Schute an die Schiffe bugsieren, sodass der Strom per Kabel übertragen werden kann.

Bisher noch offen ist, wo man die Schute bauen lässt. "Ausgerüstet wird das Schiff aber sicher in Deutschland", sagte Becker-Chef Lehmann. Auch die Kosten sind noch nicht endgültig kalkuliert. Möglicherweise könnte das Schiff aber weniger als zehn Millionen Euro kosten. "Das ist gegenüber einer an Land fest installierten Versorgung deutlich günstiger", so Lehmann.

Vom Strom aus dem Gaskraftwerk sollen dabei auch andere Passagierschiffe profitieren. "Wir werden die Schute anbieten, wenn wir sie nicht gerade selbst brauchen", sagte die Aida-Umweltbeauftragte Monika Griefahn. Aida-Präsident Ungerer hofft nun, dass die Genehmigungen für das Konzept unbürokratisch erteilt werden.

Dabei will die Wirtschaftsbehörde Aida und Becker unterstützen, versprach gestern die Sprecherin von Senator Frank Horch (parteilos), Susanne Meinecke. Mit den eigenen Plänen für eine Stromversorgung im Hafen ist die Behörde jedoch im Verzug. Denn die Bürgerschaft sollte schon im April informiert werden. "Dass Aida sich gezwungen sieht, eine Lösung ohne die Stadt zu suchen, ist eine Blamage für den Senat", kritisierte gestern der GAL-Fraktionsvorsitzende Jens Kerstan. Die Untätigkeit von Horch in Sachen Luftreinhaltung sei ein Gesundheitsrisiko für die Menschen und ein Haushaltsrisiko für die Stadt, die hohe Strafzahlungen an die EU riskiere. Jetzt werde sie zusätzlich zum Standortrisiko für die Kreuzfahrtbranche. Der überfällige Bericht zur Landstromversorgung müsse nun endlich vorgelegt werden, fordert Kerstan. Das soll, so Meinecke, nun bis zum Ende des Monats geschehen.