Seit 1869 findet das Pferderennen nahezu ununterbrochen in Horn statt. Hamburger Renn-Club will das Prestigerennen behalten.

Hamburg. Seine Enttäuschung kann Eugen-Andreas Wahler nicht verbergen. Und er will es auch nicht. Immer wieder greift der Präsident des Hamburger Renn-Clubs (HRC) beim Gespräch in der Hansa Lounge zu Zeitungsartikeln und ausgedruckten E-Mails. Er zitiert daraus, analysiert die Schreiben und findet doch keine Erklärungen dafür, warum der nationale Dachverband, das Direktorium für Vollblutzucht und Rennen (DVR), die Austragung des prestigeträchtigen Galopp-Derbys am 18. Juli bundesweit ausgeschrieben hat - "ohne den Renn-Club vorher darüber zu informieren", wie Wahler betont.

Seit 1869 findet das Pferderennen nahezu ununterbrochen in Horn statt. Bemängelungen habe es keine gegeben, sagt Eugen-Andreas Wahler, der angesichts der bundesweiten Derby-Ausschreibung noch immer fassungslos ist. "Wir sind überrascht und konsterniert", beschreibt der 62 Jahre alte Jurist und Notar die Gefühlswelt, in welcher der Renn-Club auch angesichts einer jüngst veröffentlichten Pressemitteilung des Direktoriums steckt. Da heißt es, die Derby-Gegebenheiten in Hamburg entsprächen nicht mehr "dem modernen Standard". "Wir sind mit der Darstellung des größten deutschen Galopprennens nicht 100-prozentig zufrieden", hatte Rüdiger Schmanns, renntechnischer Leiter beim DVR, bereits im Juli die Ausschreibung begründet. Zu wenig Medienpräsenz, rückläufige Zuschauerzahlen und der Bedeutungsverlust des Derbys als gesellschaftliches Event - so lauteten die wesentlichen Kritikpunkte.

Wahler kann das Vorgehen des Direktoriums nicht nachvollziehen. "Wir sind nicht unempfänglich für Kritik, aber es wurde überhaupt nichts zu uns gesagt", sagte der Renn-Club-Präsident gestern. Gemeinsam mit dem Vizepräsidenten Albert Darboven hat Wahler das Direktorium um eine Erklärung für die Ausschreibung gebeten. Eine Antwort allerdings blieb aus.

+++ Hamburg kämpft um sein Traditions-Derby +++

+++ Derby in Horn - ein Fall für Anwälte +++

Auch deshalb setzt sich der Hamburger Renn-Club nun zur Wehr. "Wir werden uns ein solches Verhalten seitens des Direktoriums nicht bieten lassen", betonte Wahler, der in der Hanse Lounge am Neuen Wall dezidiert Stellung zu kolportierten Vorwürfen des Direktoriums nahm und die Kritikpunkte vehement zurückwies. Die mediale Präsenz in Hamburg sei bestens. Auch die Zuschauerzahlen - in diesem Jahr besuchten rund 40.000 Menschen die Horner Rennbahn an sechs Tagen - seien angesichts vieler Konkurrenzveranstaltungen zufriedenstellend. "Wir konzedieren, dass sie besser werden können. Dass sie schlecht waren - da sagen wir: Nein", so Wahler.

Zudem betonte der Präsident des Renn-Clubs die gesellschaftliche Bedeutung der Veranstaltung und wies Vorwürfe zurück, der Renn-Club habe Abrechnungen nicht ordnungsgemäß durchgeführt. "Wir sind nicht eine Minute in Zahlungsverzug gekommen", so Wahler, "die Vorwürfe sind in der Wortwahl und in der Sache falsch."

Die Töne in Richtung des Direktoriums werden schärfer. "Wir kämpfen um das Deutsche Derby", betonte Wahler, der gemeinsam mit dem Renn-Club die Hamburger Anwaltskanzlei Huth, Dietrich und Hahn damit beauftragt hat, das Vorgehen des Direktoriums rechtlich zu überprüfen. Das Ergebnis: "Es darf nicht einseitig ein Rennen ausgeschrieben werden", so Wahler, "das Direktorium wurde am Montag per Anwalt angeschrieben, und wir warten jetzt den Gang der Dinge ab."

Ob es zu einer Klage kommen wird, dazu wollte der Hamburger Renn-Club vorerst keine Stellung nehmen. Abgesehen davon hat sich der HRC "vorsorglich, um keine Frist zu versäumen, und unter Wahrung des Rechtsstandpunktes" beim Direktorium um die Austragung des Derbys beworben. Interesse an der Veranstaltung haben zudem die Galopprennbahnen in München und Baden-Baden.

Sollte das Pferderennen um das prestigeträchtige Blaue Band tatsächlich von Hamburg abgezogen werden, sei auch die Derbywoche nicht mehr durchführbar, betonte Wahler. Die vom Senat befürworteten Pläne, eine Doppelrennbahn zu installieren und die Trabrennbahn aus Bahrenfeld nach Horn zu verlegen, würden damit ebenfalls zunichte gemacht.

Der Senat beobachtet die Entwicklung rund um das Galopper-Event genau, sieht derzeit aber keinen Handlungsbedarf. "Das Derby ist ein wichtiger Bestandteil des Sportangebots in Hamburg, und der Senat wird sich, falls es nötig wird, für den Erhalt der Veranstaltung einsetzen", sagte Senatssprecher Christoph Holstein, "momentan liegt aber nichts Konkretes vor. Insofern sieht der Senat derzeit keine Veranlassung einzugreifen."

Am 10. Oktober will das Direktorium endgültig über die Vergabe des Traditionsrennens entscheiden. Bis dahin hoffen Wahler und der Hamburger Renn-Club, Antworten auf ihre vielen Fragen zu erhalten.

Trotz der unklaren Situation sind sie siegesgewiss. "Vermutungen über die Gründe der Derby-Ausschreibung helfen nicht weiter", sagt Wahler, "aber wir sind sicher, dass das Deutsche Derby auch in Zukunft hier in Hamburg veranstaltet wird."