Das Einkaufszentrum am Berliner Platz hat alles, was das Herz begehrt: Supermärkte, einen Bäcker und einen Telefonladen - nur keinen Kinderarzt.

Hamburg. Der fehlt: "Wir suchen seit Monaten nach einem neuen Kinderarzt, der die Praxisfläche in unserem Gesundheitszentrum mietet. Denn wir haben viele Familien in der Umgebung und dementsprechend einen großen Bedarf", sagt Center-Managerin Ilse Lindemann (63). Das bestätigt auch Monika Elsner (57), die die "Berliner Bär"-Apotheke seit fast 20 Jahren betreibt: "Wir brauchen hier an diesem Standort dringend wieder einen Kinderarzt. In der näheren Umgebung gibt es auch kaum Kinderärzte."

Dieses Problem kennt auch Salvatore Sorrentino (33), der einen 18 Monate alten Sohn hat: "Ich musste letzte Woche mit meinem Kind zu einem Arzt nach Barmbek fahren. Die Praxen hier in der Umgebung waren auf Monate ausgebucht."

Aber warum hat Kinderarzt Stephan Schultz seine Praxis in dem Einkaufszentrum Anfang Juni aufgegeben und praktiziert jetzt an der Wandsbeker Marktstraße? "Ich wollte größere Räumlichkeiten innerhalb des Einkaufszentrums anmieten. Aber es wurde mir nichts Entsprechendes zu akzeptablen Konditionen angeboten", sagt Schultz. Der Mediziner, der sich nach wie vor in Jenfeld sozial engagiert, bestätigt auch: "Am Standort Berliner Platz besteht ein großer Bedarf für einen Kinderarzt."

Unterdessen versucht Center-Managerin Ilse Lindemann alles, um die Praxisfläche zu vermieten. Aber auch Anzeigen in Fachblättern und Tageszeitungen haben bislang keinen Erfolg gebracht.

Bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg hat sich laut dem stellvertretenden Vorsitzenden Walter Plassmann bisher kein Kinderarzt gemeldet, der Interesse an dem Standort hätte: "Wir hatten bislang auch noch keine Anregungen von Patienten", sagt Plassmann. Für Ärzte, die sich in dem Einkaufszentrum niederlassen möchten, gibt es zwei Möglichkeiten: Bereits in Hamburg praktizierende Ärzte könnten mit ihrer Lizenz grundsätzlich in dem Einkaufszentrum weiterarbeiten. Kinderärzte, die bislang nicht in Hamburg praktizieren, müssten sich dagegen an den Zulassungsausschuss wenden. Dieser entscheidet auf Grundlage einer Bedarfsplanung, ob eine Zulassung vergeben wird. Diese Planung legt fest, wie viele Ärzte einer Fachrichtung im gesamten Stadtgebiet praktizieren dürfen.

In der Hansestadt gibt es derzeit 139 Kinderärzte, davon 40 im Bezirk Wandsbek, zu dem auch der Stadtteil Jenfeld gehört: "Das sind bereits mehr als die Bedarfsplanung vorsieht", sagt Plassmann. Die einzige Möglichkeit, trotzdem eine neue Genehmigung zu erhalten, wäre eine sogenannte Sonderbedarfszulassung. Sie wäre fest an den Ort und einen akuten Bedarf gekoppelt, der von der Kassenärztlichen Vereinigung vergeben wird.

Wie berichtet, musste der Stadtteil Steilshoop fast ein Jahr lang auf einen Kinderarzt verzichten, nachdem der letzte seine Praxis geschlossen hatte. Jetzt fand sich endlich ein Nachfolger, der am 1. September seine Praxis eröffnen will.