Tausende beim ersten Doppelanlauf von “Queen Mary 2“ und “Queen Elizabeth“ im Hafen. Das Abendblatt war an Bord der beiden Ozeanriesen dabei.

HafenCity. Bedrohlich neigt sich die Hadag-Fähre zur Seite, als sie im weiten Bogen am Dockland-Anleger festmachen will - so voll mit Fahrgästen besetzt ist sie, besonders auf dem oberen offenen Deck. Ein ähnliches Bild wie auf den vielen anderen Barkassen, Booten und Ausflugsdampfern, die die beiden Schiffe umkreisen wie ein Fliegenschwarm: "Queen Mary 2" und "Queen Elizabeth" gleichzeitig im Hafen - das ist an diesem Sonntag das Besucherereignis schlechthin in Hamburg, ein zweiter Hafengeburtstag.

An der Kaikante vor dem Terminal in der HafenCity, wo die "Queen Mary 2" um 4 Uhr früh festgemacht hat, sitzen die Ausflügler so dicht nebeneinander wie bei einem gut besuchten Open-Air-Konzert. Musik dröhnt über den weitläufigen Platz, es duftet nach Bratwurst. Autos hupen im Stau der Parkplatzsucher. Busse kommen nur im Schneckentempo voran.

Ähnlich das Bild am Terminal in Altona, wo die etwas kleinere "Queen Elizabeth" liegt. Gedränge auf der kleinen Besucherterrasse des Terminals - und Verärgerung bei vielen Schaulustigen, weil das Treppendach des Dockland mit seinem herrlichem Hafenblick von einer Sicherheitsdienst gesperrt wurde - obwohl es auf der offiziellen Hamburg-Internetseite als besonders guter Aussichtspunkt empfohlen wird.

Rund 150.000 Besucher dieses ersten Doppelanlaufs der beiden legendären Passagierschiffe in Hamburg zählt die Reederei Cunard bereits am Nachmittag. Schon ganz früh am Morgen beim Einlaufen der beiden "Queens" hatten sich die Ersten an die Elbe gestellt. Darunter auch viele Touristen, die mit etlichen Pauschalangeboten speziell für diesen Tag umworben worden waren. Zum großen Finale mit abendlichem Feuerwerk und beiden Schiffen nebeneinander vor dem HafenCity-Panorama dürften es dann noch etliche Tausend mehr gewesen sein. "Wahnsinn, das ist einfach fantastisch", freut sich Cunard-Sprecher Ingo Thiel, als er eine Besuchergruppe durch die Schiffe führt

Für Cunard, die Edelmarke im amerikanischen Carnival-Kreuzfahrtkonzern, sind das eben auch Bilder, die sich bezahlt machen. Seit die "Queen Mary 2" 2004 zum ersten Mal in Hamburg war und von Hunderttausenden empfangen wurde, hat sich die Zahl der deutschsprachigen Passagiere auf 20 000 pro Jahr verfünffacht.

+++ Der Einlauf der Königinnen ist geglückt +++

Dabei geht es an Bord ziemlich britisch zu, wie bei einem Rundgang schnell deutlich wird. Besonders die 2010 in Dienst gestellte "Queen Elizabeth" gibt sich gediegen klassisch. Mit Wurzelholzfurnier sind die Wände ausgestattet, Treppenhäuser und Restaurants erinnern an Luxushotels. Die Einkaufsgalerie mit Uhrenshop und Parfümladen und ähnlichen Geschäften ist zwar auch nur eine Art Butterdampferzeile mit zollfreiem Einkauf - sie sieht aber mit ihren Stuckelementen aus, als wäre sie direkt aus einer der teuersten Ecken Londons herauskopiert worden.

Und wer durch die Gänge, Hallen und Säle schweift, stößt immer wieder auf Schwarz-Weiß-Fotografien früherer Hollywoodgrößen an Bord eines Schiffes: eine Erinnerung an die beiden Vorgängerschiffe unter dem Namen "Queen Elizabeth", die beide ihre große Zeit als edle Ozeanliner hatten. Mit der dunklen Rumpffarbe erinnert auch die neue "Queen Elizabeth" an diese Zeit, als man den Atlantik noch mit dem Schiff und nicht mit dem Flugzeug überquerte, obwohl sie heute ein reines Kreuzfahrtschiff ist, wie auch die hohen Aufbauten zeigen. Raue Törns über den Nordatlantik - dafür werden solche Schiffe nicht mehr gebaut.

Dennoch ist vieles aus diesen alten Zeiten geblieben im täglichen Bordleben. Der Tanztee mit professionellen Eintänzern für einsame Damen etwa oder einem fulminanten Angebot, um sich den Magen zu füllen: Essen - das ist auf einem Kreuzfahrtschiff offensichtlich eine Art Hauptbeschäftigung. 11.000 Portionen Frühstück Mittagessen, Teatime, Abendbrot und allerlei Zwischenmahlzeiten werden allein auf der "Queen Elizabeth" täglich ausgegeben, sagt Küchenchef Klaus Kremer. 13,5 Tonnen Rindfleisch verzehren die rund 2000 Passagiere während einer 14-tägigen Reise, zwölf Tonnen Fisch und Meerestiere und immerhin 62.000 Eier. Entsprechend mehr sind es auf der "Queen Mary 2", auf der rund 2600 Passagiere mitfahren.

Ein Schiff, das nicht nur in Hamburg wegen seiner Größe immer wieder imponiert: 345 Meter lang ist die "Queen Mary 2" ("Queen Elizabeth": rund 290 Meter). Sie ist damit immer noch eines der längsten Passagierschiffe weltweit und eines der größten beweglichen Objekte überhaupt, die je von Menschenhand geschaffen wurden. Würde man den Riesenflieger A380 direkt daneben stellen, würde er mit seiner Länge von 72 Metern nur knapp ein Viertel des Rumpfes verdecken. Aber es ist nicht nur die schlichte Größe, die die "Queen Mary 2" auch von der "Queen Elizabeth" unterscheidet. Das fällt auf, wenn man die Gangway hochschreitet. Das Deck auf der "QM2", wie sie auch genannt wird, ist noch aus echtem Holz, und die Stahlschotts weisen eine enorm wuchtige Konstruktion aus - hier ist man eben noch auf einem richtigen Ozeandampfer, der auch bei schwerem Wetter den Atlantik überqueren soll. Der Bug ist dazu speziell verstärkt, und die eher flacheren Aufbauten erinnern an die Linen früherer Jahrzehnte, nicht an die schwimmenden Hochhäuser, die heute meist in der Kreuzfahrt über die Meere dampfen. "Es ist ein einzigartiges Schiff, das so nicht wieder gebaut wird", sagt Cunard-Sprecher Thiel.

Tatsächlich gilt die "Queen Mary 2" eben auch als eines der teuersten Passagierschiffe: 800 Millionen Euro hat sie 2004 gekostet, nach heutigen Preisen müsste man sogar gut 1,2 Milliarden Euro zahlen. Das Verhältnis von umbautem Raum zur Passagierzahl ist dabei ganz anders als auf anderen Passagierschiffen. Rund 55 beträgt die Bruttoraumzahl (BRZ) pro Person, während sie auf anderen Dampfern meist um 30 bis 40 liegt. Sichtbar ist das bei einem Spaziergang durch das Schiff: Die Gänge hier sind breiter, in dem mit Jugendstil-Elementen gestylten Liner kommt kaum das Gefühl von Enge auf. In eine solche Kombination aus Linien- und Kreuzfahrtschiff würde heute aber kaum eine Reederei wieder investieren, glaubt Kreuzfahrtspezialist Thiel.

Wohl auch, weil sich die durchschnittlichen Reisepreise bei "Queen Mary 2" und "Queen Elizabeth" kaum unterscheiden - obwohl man sich auf jedem der beiden Schiffe unterschiedlich teuer betten kann: Wer beispielsweise 2013 mit der "Queen Eilzabeth" auf eine 14-tägige Island-Fahrt gehen will, kann eine Zwei-Bett-Außenkabine für 3290 Euro pro Person buchen - oder er legt für eine Zwei-Personen-Suite pro Kopf 8240 Euro hin, in der teuersten Kategorie sind es sogar 17 990 Euro.

Dafür speist man dann auch in eigenen Restaurants, die speziell den oberen Klassen vorbehalten sind. Überhaupt gibt es da feste Regeln, sagen die Cunard-Leute. Wenn Großeltern mit ihren Enkeln reisen, die in einer einfacheren Klasse übernachten, könnte es schwierig werden, gemeinsam essen zu gehen. Probleme, die viele gerne hätten, die gestern nur zum Gucken kamen.