Der Wegfall der Zoll-Freizone 2013 bringt Chancen für eine bessere Entwicklung

Jeder, der im Hafen arbeitet oder ihn durchquert, kennt das: Kontrollpunkte, die aussehen wie Grenzstationen, streng gesicherte Zäune mit Hinweisschildern: Zollgrenze. Die Grenzen des Freihafens erinnern an die alten Zeiten, in denen Europa von Trennlinien durchzogen und zerteilt war. Die Entwicklung der Europäischen Union wiederum hat viel damit zu tun, dass Hamburg seine Freizone nach vielen Jahren harter Diskussionen zum Januar 2013 aufgibt. Dann fallen die Zäune, Schilder und Zollstationen endlich auch im Hafen.

Das Freihafenstatut ist ein Anachronismus, ein Relikt aus dem 19. Jahrhundert. Sicher: Die Freizone, innerhalb derer Waren nach der Einfuhr nicht versteuert und verzollt werden müssen, hat zum Aufschwung des Hamburger Hafens maßgeblich beigetragen. Aber die Zeiten haben sich geändert. Als der Freihafen 1888 eingerichtet wurde, war Europa ein zollrechtlich zerklüfteter Kontinent. Zölle bedeuteten damals für den grenzüberschreitenden Handel eine enorme finanzielle Bürde. Heutzutage geschieht der weitaus größte Teil des Warenumschlags, der durch den Hamburger Hafen läuft, im Kontakt mit den Mitgliedstaaten der Europäischen Union, also innerhalb des gemeinsamen EU-Zollgebietes.

Rund 120 Unternehmen arbeiten innerhalb der Hamburger Freihafengrenzen. Vor allem für die kleineren von ihnen bringt das Ende der Frei-zone spürbare wirtschaftliche Lasten mit sich: Die Unternehmen gelten zollrechtlich künftig als Importeure der Waren, auch wenn sie diese im Auftrag anderer Geschäftspartner nur zwischenlagern. Sie tragen damit nach der Einfuhr die Verantwortung für die zoll- und steuerrechtlichen Formalitäten. Wer dagegen verstößt, riskiert Nachzahlungen und Strafen, die das Geschäft ruinieren können.

Dem gegenüber stehen allerdings immense Vorteile für die Weiterentwicklung des zentralen Hafengebiets. Importware kann künftig auf vielen Wegen elektronisch und dezentral deklariert werden. Das Aufkommen an Lastwagenverkehr zu den bisherigen Zollstationen fällt weitgehend weg, nur zwei von neun Zollhöfen bleiben bestehen. Die überlasteten Straßen sind einer der Schwachpunkte des Hamburger Hafens. Das neue Zollrecht bringt hier Linderung, von der alle Verkehrsteilnehmer im bisherigen Freihafengebiet profitieren werden. Auch das Management, die Entwicklung und der Ausbau von Hafenflächen, wird für alle Beteiligten einfacher, wenn die Zweiteilung in einen Freihafen und einen sonstigen Hafen zu Beginn des kommenden Jahres entfällt. Folgt man der Argumentation des Zolls, beschert die Eingliederung der Freizone auch der Sicherheit im Hafen einen großen Fortschritt: Die Beamtinnen und Beamten des Zolls können importierte Waren und Transportbehälter künftig konzentrierter überwachen - mit Blick auf terroristische Umtriebe ebenso wie bei der Suche nach Plagiaten. Gefälschte Markenwaren, die vor allem aus Fernost nach Europa kommen, verursachen der hiesigen Wirtschaft Milliardenschäden. Die Dimensionen dieser Verbrechen wurden durch Fahndungserfolge des Zolls in Hamburg immer wieder eindrucksvoll belegt.

Hamburg hätte seine Freihafenzone nicht abschaffen müssen. Es wird in der Europäischen Union vor allem in den Häfen auch weiterhin solche Sonderzonen geben. Viele Jahre lang wurden zwischen städtischer Politik und Hafenwirtschaft Argumente bewegt und abgewogen, ob das Ende der Freizone der richtige Weg sei. Dass die Stadt sich letztlich dazu entschlossen hat, beim Bund die Aufhebung der Freizone zu beantragen, ist ein wichtiges und richtungsweisendes Signal: Einer Stadt Hamburg als Handelsmetropole in einem Europa ohne Grenzen stehen Stacheldrahtzäune und Grenzstationen im eigenen Hafen schon lange nicht mehr gut zu Gesicht.