Internationale Supermärkte bieten in Hamburg Spezialitäten an. Ethno-Food und das Kochen mit Zutaten aus aller Herren Länder liegt im Trend.

Hamburg. Für die Illusion eines Urlaubs in Spanien fehlt bei Silca Import eigentlich nur noch das Meeresrauschen. Carlos Salvador geht durch die Gänge des Supermarkts, vorbei an kleinen grünen Paprika für Pimientos de Padron, zeigt auf die Meerbarbenfilets in der Kühlung, präsentiert den Rum aus Ibiza, das Olivenöl aus Katalonien. "Mein Vater hat früher das Auto voll gepackt und die spanischen Produkte für die Kollegen bei Volkswagen mitgebracht", erinnert sich der Junior an die Gründerstory des Vaters, der als einer der ersten Gastarbeiter in den 60er-Jahren einen Import für Lebensmittel von der Iberischen Halbinsel aufzog. Für ein Stück Heimat in Deutschland fuhr er damals regelmäßig Tausende Kilometer im Jahr, aber die Mühe hat sich gelohnt: Heute ist Silca Import bundesweit einer der bedeutendsten spanischen Groß- und Einzelhändler.

Wenn es vor 40 Jahren hierzulande als exotisch galt, Muscheln zu essen, Tintenfische in der Küche zu verarbeiten oder das Mahl mit Knoblauch zu verfeinern, ist es heute für viele Genießer zur Selbstverständlichkeit geworden. In der Heimat von Fleisch mit Soße und Kartoffeln greifen immer mehr Hobbyköche zu internationalen Zutaten, würzen mit Zitronengras, kochen mit Kokosmilch oder trinken griechischen Ouzo. "Bis Ende der 90er-Jahre kamen praktisch nur Spanier und Portugiesen zu uns, heute haben wir überwiegend deutsche Kunden", sagt Silvia Salvador-Koegler von Silca Import.

Die Internationalisierung der Küchen, das Zusammenwachsen der Traditionen ist ein europaweites Phänomen. "Der Trend geht eindeutig zu Ethno-Food", sagt Nathalie Roux vom Handelsinstitut EHI. Auch einheimische Ketten wie Edeka oder Rewe weiteten ihr Sortiment um exotische Lebensmittel aus, ein Tribut an die Reiseweltmeister, die im Urlaub fremde Gerichte kennen und lieben gelernt haben. Auch die Kochshows, in denen Johann Lafer zu Ingwer greift oder Steffen Henssler selten ohne Wasabi auskommt, haben die Einkaufsgewohnheiten der Deutschen verändert. Dazu kam, dass sich die Anbieter zunehmend nach der Herkunft der Käufer richteten, sagt Handelsexpertin Roux. Sie reagierten etwa auf die Wünsche von Spätaussiedlern oder mit Halal-Produkten auf die Bedürfnisse von Muslimen. In Frankreich konzentrieren sich viele Läden derzeit auf Zutaten für die kreolische Küche. Was anfangs als Randsortiment für die Gerichte der Menschen aus den Überseedepartments wie La Reunion in den Regalen stand, hat sich heute zum festen Bestandteil der Küche des französischen Mutterlandes entwickelt.

In Hamburg leben Türken, Polen, Spanier und Asiaten, die mit ihren Spezialitäten den Norddeutschen den Blick auf Essgewohnheiten weit über die Hafenkante hinaus ermöglichen. Geschäfte, die sich auf asiatische, südeuropäische oder andere importierte Lebensmittel konzentrieren, gibt es in jedem Stadtviertel, sie laden ein zu einer kulinarischen Reise um die Welt. Das Abendblatt stellt einige Ziele für den Genießerurlaub in Hamburg vor:

Schlemmen wie am Strand von Mallorca

Im Calpesa in Altona warten Produkte von der Iberischen Halbinsel darauf, entdeckt zu werden. Portugiesische Weine, Manchego-Käse oder Serrano-Schinken. Die Inhaber Carlos Salvador, Silvia Salvador-Koegler und Jörg Koegler führen das Geschäft in der zweiten Generation und sind ständig auf den wichtigsten spanischen Lebensmittelmessen unterwegs, um die neuen Trends aus dem südeuropäischen Land aufzuspüren. Fast alle Waren erreichen den Markt per Lkw aus Spanien, kürzlich haben die Salvadors ihr Lager an der Schützenstraße auf 7000 Quadratmeter ausgebaut. "Auch Tim Mälzer war schon bei uns und hat Fisch und Chorizo gekauft für seine Show", erzählt Silvia Salvador-Koegler. Für sie eine Selbstverständlichkeit: "Wenn ich Gäste habe, gibt es Tapas."

Trip voller Überraschungen in den Osten

Apfelsaft mit Minze, Wodka mit Honig, Maultaschen (Pierogi) mit Kirschen. Die polnischen Spezialitäten bei Likopol am Mundsburger Damm 39 warten mit spannenden Kombinationen auf. Georg Koslowski steht hinter der Theke seines kleinen Supermarktes. Würste und Steinpilzpastete in der Kühlung vor ihm machen Appetit. Er weist mit einer Armbewegung auf die Regale an den Wänden, voll gestellt mit bunten Packungen mit meist ziemlich unaussprechlich wirkenden Namen. Wie Ptasie Mleczko, einer Schaumpraline, die es in allen möglichen Geschmacksrichtungen gibt, von Waniliowe (Vanille) bis zu Fruchtaromen. "Diese Pralinen gehören für unsere Landsleute zu den liebsten Kindheitserinnerungen", sagt Georg Koslowski. Der 50-Jährige stammt aus Poznan und betreibt neben dem Laden auf der Uhlenhorst noch ein Geschäft an der Rahlstedter Bahnhofstraße. Seine Kundschaft teilt sich zur Hälfte in deutsche und polnische Käufer. "Die Polen erinnern sich an die Heimat, die Deutschen verlängern ihren Urlaub in den Masuren durch eine kulinarische Reise bei uns", sagt der Kaufmann, der im Sommer auch warme Gerichte auf dem Bürgersteig vor dem Laden servieren will: Dann gibt es weitere Überraschungen für den Gaumen wie Gurkensuppe.

Einkaufen unter Buddhas Blicken

Der Thai Supermarkt in St. Georg ist besonders unter experimentierfreudigen Hamburgern bekannt. "Alles, was in asiatischen Rezeptbüchern für Fragezeichen in meinem Kopf sorgt, gibt es hier", schwärmt eine Kundin. Hingehen, nachfragen, Sachen erklärt bekommen und dann zu Hause was Leckeres kochen, so einfach ist das. Die Auswahl zwischen 100-jährigen Eiern, Algen und Bambus ist selbst für ausgefallene Wünsche groß genug. Im Kühlraum duften frische Kräuter wie Koriander, Thai-Basilikum und Minze. Die von Asiaten geliebte Stinkfrucht Durian, die in Singapur noch nicht mal in Bussen transportiert werden darf, ist ihrem Störpotenzial entsprechend gut verpackt. "Wir fliegen das frische Obst wie Mangos extra aus Thailand ein", sagt der Inhaber Mirwies Sargand, ein Afghane, der lange in Bangkok gelebt hat und hierzulande besonders den Papaya-Salat vermisst, ein scharfes Vergnügen, das in dem buddhistischen Land beinahe an jedem Garstand angeboten wird. Gerne würde Sargand sein Sortiment noch ausweiten und womöglich einen weiteren Laden eröffnen, wären da nur nicht die steigenden Kosten. "Die Preise für eine Containerladung aus Thailand haben sich in den vergangenen Monaten verdoppelt", erzählt er.

Einen Bollywood-Film zum Basmatireis

Gleich neben dem Thai-Supermarkt lockt der indische Supermarkt St. Georg alle diejenigen Kunden, die neben Lebensmitteln auch die Accessoires für einen indischen Abend suchen. Es gibt typische Kochgeräte und Rechauds, Räucherstäbchen und Yasminöl für das Haarstyling. Fast selbstverständlich sind verschiedene Reissorten, Curry, Chutneys oder Yogi-Tee. Auch für die Unterhaltung ist gesorgt: mit Bollywood-Filmen und Musik-CDs.

Ein Stück Italien in Hamburg

Seit einem Vierteljahrhundert schon steht der Name Andronaco für italienische Lebensart in der Hansestadt. Pasta, Wein, Grappa, Käse, Salami, Espresso, alle diese Spezialitäten gibt es in dem Groß- und Einzelhandel am Beerenweg in Bahrenfeld und in der Halskestraße in Billbrook in einer Auswahl, dass der Einkauf schon mal etwas länger dauern kann. Begonnen hatte alles in Barmbek: Im Jahr 1983 eröffnete Vincenzo Andronaco in einer umgebauten Telefonzelle am Barmbeker Bahnhof einen Obst- und Gemüsestand. Heute betreibt das Unternehmen auch Filialen in Bielefeld, Dortmund, Köln, Lübeck, Osnabrück, Ratingen und Wolfsburg.

Von allem etwas und etwas Luxus ...

Das FrischeParadies Goedecken an der Großen Elbstraße muss sich kaum hinter den renommierten Feinkostläden in Paris verstecken. Hier gibt es alles für den Gourmet. Mehr als 30 geschulte FrischeParadies-Einkäufer reisen um die ganze Welt, um Produkte für die anspruchsvolle Hamburger Kundschaft zu finden. Natürlich gehören auch die Spitzenrestaurants der Stadt zu den Abnehmern der mehr als 5000 feinen Lebensmittel wie französische Austern, Gänseleberpastete oder Trüffel aus der Toskana.