SPD verspricht kleine Klassen, aber Umsetzung kostet Zeit

Es sind die Geister, die sie selbst rief: Die kleineren Klassen sind schulpolitisch das zentrale Projekt der Hamburger SPD. Noch zu Oppositionszeiten hatte der heutige Bürgermeister Olaf Scholz als Parteichef die Absenkung der Klassenfrequenzen in den Verhandlungen mit Schwarz-Grün durchgesetzt. Das war der Preis für die Unterstützung der Sozialdemokraten bei der Primarschulreform.

Die Primarschule scheiterte bekanntlich, aber die kleinen Klassen blieben. Nun stellt sich heraus, dass die schulische Realität nicht so ist, wie sich die inzwischen allein regierende SPD sie wünscht. Zum Teil liegen die Klassengrößen erheblich über den im Schulgesetz festgeschriebenen Werten.

Fairerweise muss eingeräumt werden, dass es ein organisatorisch höchst anspruchsvolles Vorhaben ist, Schulklassen flächendeckend zu verkleinern. Es braucht mehr Lehrer - und mehr Klassenräume, die nicht von heute auf morgen bereitstehen.

Wissenschaftlich sind die Vorzüge kleinerer Klassen für den Lernerfolg der Kinder durchaus umstritten. Aber Eltern wollen unbedingt, dass ihre Kinder in kleineren Gruppen unterrichtet werden. Zu Recht.

Wenn ein Lehrer statt 30 nur 23 Jungen und Mädchen vor sich sitzen hat, dann kann er jedem Einzelnen mehr Aufmerksamkeit widmen. Er hat rechnerisch auch mehr Zeit, sich um die Korrektur der Klassenarbeiten zu kümmern. Insgesamt können kleinere Klassen das Lernklima befördern. Das kann nicht nur den Schülern zugutekommen, sondern auch den Lehrern.

Die Sozialdemokraten haben den Mund in diesem Punkt früher gelegentlich recht voll genommen. Nicht nur deswegen ist der Scholz-Senat in der Pflicht, das große Versprechen einzulösen - wohl nicht morgen, aber doch übermorgen. Ein positiver Trend ist mit Blick auf die fünften Klassen der Stadtteilschulen erkennbar, von denen 86 Prozent die Obergrenze von 23 Kindern nicht überschreiten.

Aber auch die Eltern müssen ihren Teil dazu beitragen. Es kann durchaus sinnvoll sein, darauf zu verzichten, den Nachwuchs auf das am besten beleumundete, aber völlig überlaufene Gymnasium zu schicken, wenn der Nachbar-Standort Kapazitäten hat.