Der Unmut vieler Liberaler beim Mitgliederentscheid in der FDP ist verständlich, folgen sollte man den Initiatoren aber nicht

In diesen Wochen erhalten 65 000 FDP-Mitglieder in ganz Deutschland die Unterlagen für einen Mitgliederentscheid über die Zukunft des Euros und damit einen Teil der Zukunft Europas. Für eine liberale Partei ist es der richtige Weg, diese Richtungsentscheidung gemeinsam über einen Mitgliederentscheid zu treffen.

Während Einzelne unserer Mitglieder einen Europäischen Stabilitätsmechanismus (ESM) grundsätzlich ablehnen, kommen andere zu der Erkenntnis, dass dieser den Weg zu einer neuen Stabilitätsunion erst ermöglichen kann.

Wie groß die Kontroversen in der Diskussion nicht nur für meine eigene Partei sind, haben die letzten Wochen gezeigt: Während die Wirtschaftsweisen die Bundesregierung für ihr Verhalten in der aktuellen Krise loben und noch weitere Maßnahmen in diesem Kontext in Aussicht stellen, empfiehlt eine stattliche Anzahl anderer nicht minder angesehener Volkswirte den Kurs der Initiatoren des Mitgliederentscheids. Viele andere Experten schweigen in der aktuellen Frage.

Die FDP ist aber die einzige Partei, in der die Mitglieder überhaupt die Chance haben, den Kurs direkt mitzubestimmen, auch wenn die Ausgangslage schlecht ist: Natürlich hätte ich mir gewünscht, dass wir niemals durch das Aufweichen der Maastricht-Kriterien - maßgeblich durch SPD und Grüne, aber auch durch die Große Koalition - in diese Schuldenkrise geschlittert wären. Doch die Zeit lässt sich nicht zurückdrehen. Nur erscheint mir auf der anderen Seite ein einfaches Nein und ein wirtschaftlicher Zusammenbruch durch das Aus von Teilen des Banken- und Versicherungssektors ein zu hoher Preis.

Weil der Europäische Stabilitätsmechanismus aber Gefahren von Fehlanreizen an den Märkten birgt, kann er aus Sicht der jungen Generation in der FDP nur einen Übergang darstellen, bis die eigentlichen Probleme gelöst sind:

Die Schuldenmacherei in den EU-Mitgliedstaaten muss ein Ende haben.

Um das gemeinsame Ziel eines stabilen Euro zu erreichen und den Einstieg in Dekaden der Stabilität zu ermöglichen, ist es deshalb notwendig, im Gegenzug zu manch kurzfristiger Maßnahme langfristig neue Regeln zu schaffen:

Wir brauchen Schuldenbremsen in allen Verfassungen Europas.

Wir brauchen einen Rahmen für die Insolvenz und den Austritt von Staaten der Euro-Zone.

Wir brauchen automatische, scharfe Sanktionen für Mitgliedstaaten, die weiter Schuldenberge auftürmen.

Nur: All dies werden wir nicht erreichen, wenn wir es nicht zur Auflage für eine Zustimmung zum ESM machen, sondern einfach - wie es die Initiatoren des Mitgliederentscheids wollen - Nein sagen, ohne Antworten zu liefern und Überzeugungsarbeit zu leisten.

Eine klare Position, ein laut ausgerufenes Nein zum ESM, zum Euro und zu jeder weiteren europäischen Integration erscheint manchem verlockend. Und obgleich ich die Initiatoren des Mitgliederentscheids gut verstehe, bin ich fest überzeugt, dass es der falsche Weg ist. Einfache (Schein-)Lösungen, garniert mit platter Polemik, sind in den seltensten Fällen richtig, wenn es darum geht, komplexe Herausforderungen zu meistern. Stattdessen sollten wir den Blick nach vorne richten und die Integration Europas unter dem Dach unserer gemeinsamen Währung weiter fortsetzen.

Der ESM als ausdrücklich befristetes Sicherheitsnetz ist dabei auch für mich schwer zu akzeptieren, aber er ist der Weg, den wir gehen, um über Schuldenbremsen in allen Ländern langfristig zu einem stabilen, friedlichen und starken Europa in einer globalen Welt zu gelangen.

Deshalb halte ich den Antrag von Hans-Dietrich Genscher, Philipp Rösler, Rainer Brüderle und dem gesamten Bundesvorstand für den besseren - nein, eigentlich den weniger schlechten von zwei Wegen. Wir sollten in Europa nicht über kurzfristige Instrumente streiten, sondern die langfristigen Ziele Schuldenabbau und eine Rückkehr zur Stabilitätsunion erreichen. Wir entscheiden als FDP über die Zukunft des Euro. Eng verknüpft damit ist aber unser gemeinsames, friedliches und vereintes Europa, für das wir Jungen Liberalen mit Leidenschaft kämpfen.