Eine Betrachtung von Sven Stillich

Wenn es kälter wird, wandert der Sommer in den Kleiderschrank oder in Kisten. Julischuhe machen Platz für Dezemberstiefel, T-Shirts weichen Wollpullovern. Doch nicht nur äußerlich wechseln in meiner Wohnung gerade die Jahreszeiten - auch die Musik, die mich umhüllt, passt sich der Außentemperatur an.

Nie würde ich, wenn die Sonne warm am Himmel strahlt, auf die Idee kommen, Antony And The Johnsons zu hören. Auch James Blake und Nils Petter Molvaer passen besser zu Tagen, an denen es morgens bereits dunkel wird. Oder die Soloalben von Mark Hollis. Soap & Skin. Die großartige Hamburger Band Emmy Moll. Und nun das jüngste Werk von Kate Bush.

Kaum etwas geht derzeit tiefer, als mit der neuen Platte von Tom Waits im Ohr durch die Stadt zu laufen. Abends, im Nebel, bei Nieselregen, wenn die Rücklichter zielstrebiger Autos vorbeischlieren und Neonreklame vor den Augen verdampft.

Wenn es um mich herum Winter wird, legt sich auch Musik zur Ruhe, die mich kühlt, anstatt mich zu wärmen. Dann wandern CDs in den Schrank und MP3 auf den externen Speicher. Zum Beispiel Electronica: Darauf freue ich mich wie auf den ersten Sonnentag. Jegliche Form von Hip-Hop: bis bald! Ihr britischen Indie-Bands: alles Gute (ich hoffe, ihr seid noch da, wenn es wärmer wird). Wir hören uns im Frühjahr!