Mit dem Thema Friedhof setzt sich kaum einer wirklich auseinander. Ich merke, dass der Friedhof für viele Menschen immer noch ein Tabuthema ist. Ich selbst muss als Gärtner in Ohlsdorf keine Särge und auch keine Leichen angucken. Drei Tote habe ich bislang trotzdem gesehen. Der Tod riecht so unverwechselbar süßlich-säuerlich. Ich glaube nicht, dass der Beruf des Bestatters etwas für mich wäre - das könnte ich gar nicht. Zu meinem Berufsfeld gehört alles, was lebendig ist und noch wächst.

Zum Glück hören meine Aufgaben etwa eine Stunde vor der Beisetzung auf, und sie fangen auch erst eine Stunde danach wieder an. Vor der Beisetzung messe ich nach, ob die Gruft auch wirklich den Vorschriften entsprechend 1,70 Meter tief ist. Danach prüfe ich, ob nicht ein Tier in der Gruft sitzt, das dann aus Versehen mit beerdigt werden würde. Nichts wäre nämlich schlimmer als eine Beerdigung, bei der es plötzlich von unten scharrt. Nach der Beisetzung kontrolliere ich, ob keine Pflanzen beschädigt worden sind und ob die Kränze alle ordentlich auf der Grabstätte liegen.

Ich betreue insgesamt 47 Hektar auf dem Friedhof Ohlsdorf und bin im Sommer schon ab sechs Uhr morgens hier - Grabpflege, Hecken schneiden, die Tiefe der Gruft nachmessen, Gehölze für die Gräber aussuchen, das gehört zu meinen Aufgaben.

Früher, da habe ich einen Friedhof in erster Linie mit Nässe und Kälte verbunden. Aber als ich diese fantastische Weite kennengelernt habe, hat sich das schnell geändert. Der Friedhof hat heute für mich viel mit Gesundheit zu tun. Wir arbeiten völlig giftfrei, also ganz ohne Pflanzenschutzmittel. Und viel Entdeckungslust ist natürlich auch dabei - wenn man zum Beispiel alte zugewachsene Grabmäler entdeckt. Das ist lebendige Geschichte.

Und ich bin ein bisschen der Hüter und Bewahrer dieser Geschichte. Wenn du so oft auf dem Friedhof bist, musst du lebensbejahend sein. Wer hier arbeitet, hat ein sonniges Gemüt. Denn hier merkt man erst, wie endlich alles ist.