Steuersenkungen passen nicht zur Schuldenkrise

100 oder 200 oder gar 300 Milliarden? Weiß einer noch genau, wie viele Euros wir zahlen oder sonst wie bürgen? Der Normalbürger versteht das alles nicht mehr, die Politiker wahrscheinlich nur partiell besser. Und ob der Herr Papandreou in Athen zurücktritt oder nicht, ist fast nur noch eine Randnotiz. Ändert es irgendwas zum Beispiel an den Schulden, die wir im Moment unseren Kindern und Enkeln aufbürden?

Wohl kaum. Doch während unsere Kanzlerin auf dem G20-Gipfel noch mit der Rettung des Euros beschäftigt war, tourten die Emissäre des Rettungsschirms schon um den Erdball. Um etwa Staatsfonds in China zum Kauf von Euro-Anleihen zu gewinnen. Oder besser: höflichst zu bitten? Hat man dabei schon das Wort Menschenrechte gehört, das wir sonst gerne - und zu Recht - einflechten, wenn es um Geschäfte mit Peking geht?

Wohl kaum. Geld stinkt bekanntlich nicht, wenn man es verdienen kann. Wenn man es dringend braucht, scheint es sogar äußerst wohlriechend zu sein. Gerne kommen wir auch auf Angebote aus Schwellenländern wie etwa Brasilien oder Indien zurück - wo noch Menschen in Slums verhungern. Darüber denken wir lieber erst gar nicht nach. Stattdessen feilschen wir hierzulande um Steuerentlastungen für uns selber. Ein bisschen weniger Einkommenssteuer oder doch lieber rumknapsen am Soli? Damit entweder der schnell beleidigte Herr Seehofer (CSU) Ruhe gibt oder der nette Herr Rösler (FDP) ein Quäntchen von dem Quantum Wahlversprechen einlösen kann - von dem mittlerweile jeder weiß, dass es schon immer unsinnig war und in Zeiten der Schuldenhaushalte ganz besonders.

Frau Merkel, die auch in dieser Zeitung heftig gelobt wurde für ihre Zähigkeit in Sachen Euro-Rettung, könnte auch zu Hause Standfestigkeit beweisen und ihre Streithanseln so resolut in die Schranken weisen wie zuvor die Herren Sarkozy oder Papandreou. Dann wäre sie wirklich "Frau Merkules", zu der sie der Boulevard in Anspielung auf den antiken Supermann Herkules schon machen will.

Gelingen ihr die Hausaufgaben nicht, könnte sie stattdessen schon bald Chefin einer Übergangsregierung sein. Athen lässt grüßen.