Es gibt viele Scharlatane. Nicht jeder Akupunkteur beherrscht die Traditionelle Chinesische Medizin

Barbara Kirschbaum gilt als profilierte Expertin auf dem Gebiet der fernöstlichen Heilkunst. Die Autorin zahlreicher Fachbücher leitet die TCM-Ambulanz am Hamburger Jerusalem-Krankenhaus und ist Lehrbeauftragte der Universität Witten-Herdecke.

Hamburger Abendblatt:

Setzen Sie TCM als Alternativmedizin ein, oder suchen Sie zusammen mit Schulmedizinern nach gemeinsamen Behandlungskonzepten?

Barbara Kirschbaum:

Es geht dabei um den Einsatz von komplementären Heilmethoden, die die Patientinnen während der Chemotherapie unterstützen sollen und ganz spezifisch Nebenwirkungen lindern sollen.

Welche Krankheiten lassen sich mit TCM behandeln?

Kirschbaum:

Grundsätzlich können fast alle Krankheiten - außer den chirurgischen - mit Traditioneller Chinesischer Medizin behandelt werden. Besondere Bedeutung hat sie für chronische und degenerative Krankheiten wie Rückenschmerzen oder Rheuma, chronisch entzündliche Erkrankungen, funktionelle und vegetative Beschwerden.

Ärzte, die im Ausland Traditionelle Chinesische Medizin studiert haben, dürfen in Deutschland nicht praktizieren, selbst wenn sie aus China kommen. Sie müssten erst Heilpraktiker werden. Umgekehrt darf ein Schulmediziner nach einer Zusatzweiterbildung Akupunktur anwenden ...

Kirschbaum:

Die GERAC-Studie von Prof. B. Brinkhaus hat die hohe Wirksamkeit einer Akupunkturbehandlung bei Lumbago und Kniegelenksarthrose bewiesen. Dadurch wurde die Behandlung in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen, was dazu geführt hat, dass viele Orthopäden diese Methode anwenden. Hier werden im Wesentlichen lokale Akupunkturpunkte gestochen. Das ist leicht erlernbar, hat aber wenig mit dem Gesamtkonzept, das die Chinesische Medizin ausmacht, zu tun.

Woran erkennt man die Qualifikation?

Kirschbaum:

Es gibt diverse Ausbildungsorganisationen, die Behandlerlisten haben, die sich für eine gute Ausbildung verbürgen. Dazu gehören "Die Arbeitsgemeinschaft für Klassische Akupunktur und Traditionelle Chinesische Medizin", die "Societas Medicinale Sinensis", kurz SMS genannt, und die "Deutsche Ärztegesellschaft für Akupunktur", die DÄGFA.

Wie findet man einen seriösen Heilpraktiker, der sich auf Chinesische Medizin spezialisiert hat?

Kirschbaum:

Viele Menschen wissen nicht, dass ein Heilpraktiker eine lange Ausbildung in Chinesischer Medizin hinter sich hat, bevor er Patienten behandeln kann. Das gilt auch für all die chinesischen Ärzte, deren Ausbildung hier nicht anerkannt wird. Daher wäre es wünschenswert, für hochqualifizierte Therapeuten eine einheitliche gesonderte Berufsbezeichnung einzuführen. Für Patienten wäre es dann leichter zu durchschauen, welche Qualifikation ein Behandler hat.