Louis van Gaal und Armin Veh sind bei ihren Vereinen Trainer auf absehbare Zeit. Am Sonnabend treffen der FC Bayern München und der Hamburger SV aufeinander

Mitte dieser Woche hat Uli Hoeneß dann doch noch die rhetorische Kurve gekriegt. Der Präsident des FC Bayern sprach seinem Trainer Louis van Gaal die "volle Rückendeckung" aus. Das war auch notwendig, hatte die Führung des deutschen Fußball-Rekordmeisters dem 59 Jahre alten Niederländer nach drei Pflichtspielniederlagen in Folge am vergangenen Sonntag ein Verfallsdatum aufgepappt. Ende der Saison ist in München Schluss mit Louis - trotz gerade verlängerten Vertrages bis 2012.

Neun Bundesligaspiele sind van Gaal, 59, nun noch vergönnt, und gleich im ersten trifft er am heutigen Sonnabend auf einen Kollegen, dessen Abschied im Mai seit vier Tagen ebenfalls feststeht. Armin Veh, 50, vom HSV, hat sein Arbeitsverhältnis in Hamburg allerdings selbst aufgekündigt - bevor es andere im Verein getan hätten.

Die dritte "Lame Duck" sitzt heute in Gelsenkirchen auf der Bank. Schalkes Trainer Felix Magath, 57, ist nur deshalb vom beschlossenen Rausschmiss verschont geblieben, weil sein Team am Mittwoch gegen Valencia ins Viertelfinale der Champions League stürmte. Der Alleinherrscher wird spätestens in zwei Monaten vom königsblauen Hof gejagt, sollte Schalke am Sonnabend nicht gegen Frankfurt gewinnen, wohl schon in der nächsten Woche.

Entlassungen mit Sperrfrist scheinen sich zum Trend zu entwickeln. Unlogisch ist die Zeitverschiebung zwischen Votum und Vollzug nicht. Der Effekt von Trainerwechseln während einer Serie bleibt umstritten, statistisch lässt sich eine nachhaltige Wirkung über 48 Bundesliga-Spielzeiten hinweg nicht nachweisen, die es im Einzelfall gibt. Kurzfristige Resultatsverbesserungen kommen häufiger vor, garantiert sind auch sie nicht. Zudem steht ein überzeugender Nachfolger meistens nicht sofort zur Verfügung.

Das Verhältnis zwischen Trainer und Mannschaft ist ein fragiles. In der Branche gilt das ungeschriebene Gesetz, dem Coach bis zum allerletzten Moment das Vertrauen auszusprechen, Diskussionen über eine mögliche Ablösung nie aufkommen zu lassen. Ein Trainer ohne Autorität ist eben jene lahme Ente, die in die Willensbildung der Spieler kaum noch eingreifen, der diese schwerlich motivieren kann, an die Schmerzgrenze zu laufen. Wer hört noch auf jemanden, der ihm in absehbarer Zeit nichts mehr zu sagen hat?

Die Causa von Gaal könnte anders liegen. In der Münchner Mannschaft genießt der Fußball-Lehrer Respekt, Nationalspieler Bastian Schweinsteiger, der unter seiner Führung zum Weltstar aufstieg, verehrt ihn. Van Gaal selbst lässt sich ohnehin vom Vertragsende nicht irritieren. Es hat an seinem Selbstbewusstsein nicht gerüttelt, für ahnungslos hält er weiter jene, die zu solchen Maßnahmen greifen. Und auch ohne Perspektive hat er Ziele: Platz zwei in der Bundesliga, in der Champions League ist es der erneute Einzug ins Finale. Er wird weiter akribisch arbeiten, sich während des Spiels fleißig Notizen machen, mürrische wie belehrende Kommentare geben und seine Taktik durchziehen, mit der die Münchner in der vergangenen Spielzeit Meister, Pokalsieger wurden und das Endspiel der Champions League erreichten. Dass sie in der laufenden Saison zu einer Ergebniskrise führte, mag auch den physischen und psychischen Nachwirkungen der Fußball-WM im Sommer 2010 in Südafrika geschuldet sein. In den Spielzeiten nach Weltmeisterschaften trumpften die Bayern selten auf.

Der freundliche Herr Veh dagegen steckt in einer Sinnkrise. Zweifel an seiner momentanen Berufswahl plagen den Trainer seit Langem, sie legen wie Mehltau auf seinem Schaffen in Hamburg. Im vergangenen Herbst machte er sie erstmals öffentlich. Konsequenzen zog er nicht. Beim HSV rechneten sie mit Vehs Demission bereits zum Jahreswechsel, der Auflösungsvertrag lag unterschriftsreif auf der Geschäftsstelle. Dass er weitermachte, überraschte viele, auch in der Mannschaft. Die schätzt ihn, sein Auftreten, seine Art der Kommunikation - nicht unbedingt immer sein Training. Das wirke manchmal planlos, sagt ein Nationalspieler.

Vehs Demission, sein veränderter Status im Sozialgefüge des Klubs, wird letztlich auf das Auftreten des HSV in den letzten neun Saisonspielen keinen Einfluss haben. Die Probleme sind andere. Der Verein ist führungslos, die Zukunft vieler Spieler nicht geklärt. Sie könnten sich jetzt mit Leistungen hier und anderswo anbieten. Die Hoffnung stirbt eben zuletzt.