Saudi-Arabien und Iran diskreditieren die arabischen Proteste

Der Mufti von Saudi-Arabien, Scheich Abdelasis al-Alscheich, hat in Riad geäußert, hinter den Revolutionen in Ägypten und Tunesien steckten "Feinde des Islam". Zur gleichen Zeit meinte der mächtigste Mann im Iran, Revolutionsführer Ayatollah Ali Chamenei, diese Aufstände seien ein "Zeichen des islamischen Erwachens" und eine Fortsetzung der Islamischen Revolution in Teheran 1979.

Beide Einschätzungen dieser namhaften Religionsführer sind in ihrer Gegensätzlichkeit schon bemerkenswert - und beide sind haarsträubend falsch. Die Revolutionen in der arabischen Welt sind keineswegs islamfeindlich, denn sie richten sich ja nicht gegen den Islam, sondern ausschließlich gegen korrupte Gewaltregime. Allerdings sind sie auch nicht religiös motiviert - wie Chamenei vermutlich wider besseres Wissen behauptet.

Die Volksaufstände sind rein sozioökonomischer Natur; es geht den Menschen um Nahrung und Bildung, um Redefreiheit und Demokratie, um ein Ende von Unterdrückung und Korruption. Mit Religion hat dies wenig zu tun. Die ägyptischen Muslimbrüder sind erst sehr spät und recht widerstrebend auf den Revolutionszug aufgesprungen. Alscheich geht es darum, die Proteste zu diskreditieren; Chamenei darum, die Aufstände für seine Propaganda zu instrumentalisieren. Dahinter steckt die Angst zweier Regime, die in jeder Hinsicht noch weit repressiver und korrupter sind als jene in Ägypten und Tunesien.