Der geplante Verkauf der Werft ist noch nicht realisiert. ThyssenKrupp hofft auf Abschluss des Geschäfts mit Abu Dhabi Mar Anfang 2011.

Hamburg. Es ist ein langer und offenbar steiniger Weg. Auch in diesem Jahr wird der Essener Stahl- und Industriekonzern ThyssenKrupp den geplanten Verkauf von Blohm + Voss nicht abschließen können. Das erfuhr das Abendblatt aus dem Unternehmen. Bereits im Oktober 2009 hatte ThyssenKrupp angekündigt, die Hamburger Traditionswerft bis Ende 2009 an Abu Dhabi Mar aus den Vereinigten Arabischen Emiraten verkaufen zu wollen. Einen entsprechenden Vertrag unterzeichneten beide Parteien erst im April 2010. "Wir hoffen, dass der Verkaufsprozess im ersten Quartal 2011 abgeschlossen werden kann", sagte nun ein Insider über das sogenannte Closing.

Die Investoren aus Arabien mussten die Übernahme offenbar neu finanzieren

ThyssenKrupp will sich von einem großen Teil seiner Schiffbausparte TKMS trennen. Für den Handelsschiffbau sieht der Konzern in Deutschland keine Perspektiven mehr. Festhalten will ThyssenKrupp am Bau von U-Booten bei HDW in Kiel und von Marineüberwasserschiffen bei Blohm + Voss sowie bei Kockums in Schweden. Abu Dhabi Mar soll den Schiffsneubau bei Blohm + Voss übernehmen, zudem je 80 Prozent am Reparaturgeschäft von Blohm + Voss Repair und an der Maschinenbausparte Blohm + Voss Industries. Hinzu kommt der zivile Schiffbau bei HDW in Kiel, die frühere Werft HDW Gaarden. Insgesamt geht es um 2100 Arbeitsplätze, davon 1900 in Hamburg. Der Neubau bei Blohm + Voss umfasst zum einen Megayachten - zuletzt wurde die weltgrößte Privatyacht "Eclipse" an den russischen Milliardär Roman Abramowitsch abgeliefert. Zum anderen werden Fregatten und Korvetten für die Bundesmarine und Marinen anderer Staaten gebaut.

Damit der Marineschiffbau unter Beteiligung der Araber nicht mit dem Außenwirtschaftsgesetz kollidiert, wollen ThyssenKrupp und Abu Dhabi Mar ein Gemeinschaftsunternehmen mit je 50 Prozent der Anteile gründen. Dieses Unternehmen soll vor allem Marineüberwasserschiffe entwerfen und vermarkten. Die EU-Kommission hat den geplanten Zusammenschluss Ende August bereits genehmigt.

Abu Dhabi Mar will von seinen Geschäftskontakten in die arabische Welt profitieren und sieht dort wie auch in Asien einen lukrativen Bedarf für Marineschiffe und für Großyachten. Warum sich die Verhandlungen mit ThyssenKrupp in die Länge ziehen, ist nicht klar. Weder ThyssenKrupp noch Abu Dhabi Mar nehmen dazu Stellung. Die Unternehmenskommunikation Brunswick teilte über ihr Büro in Frankfurt auf Anfrage lediglich mit, dass das Mandat für die Vertretung von Abu Dhabi Mar bei den Transaktionen mit ThyssenKrupp seit September "ruhe". Man könne daher über den Fortgang des Geschäfts nichts sagen.

Nach Informationen des Abendblatts hat Abu Dhabi Mar zuletzt versucht, die Finanzierung der Übernahme auf eine breitere Basis zu stellen. Das Unternehmen gehört Scheich Hamdan bin Zayed Al Nahyan, einem Mitglied der Herrscherfamilie des Emirats, und dem libanesischen Kaufmann Iskandar Safa. Dem Vernehmen nach wurde nun zusätzlich auch ein Staatsfonds aus Abu Dhabi mit eingebunden. Über den Kaufpreis hatten ThyssenKrupp und Abu Dhabi Mar Stillschweigen vereinbart.

Ein zentrales Problem beim Verkauf der TKMS-Teile dürfte sein, dass der Schiffbau bei ThyssenKrupp zuletzt nicht profitabel war. Bei der Bilanzpressekonferenz von ThyssenKrupp für das Geschäftsjahr 2009/2010 Ende November berichtete der scheidende Vorstandsvorsitzende Ekkehart Schulz, TKMS habe einen Vorsteuergewinn von 38 Millionen Euro verbucht, ein Ergebniszuwachs von 592 Millionen Euro gegenüber dem Geschäftsjahr zuvor - der allerdings war vor allem durch den Verkauf der griechischen Tochterwerft Hellenic Shipyards an Abu Dhabi Mar zustande gekommen.

ThyssenKrupp hat 2009 bereits die TKMS-Werft Nordseewerke in Emden verkauft, an das Stahlbauunternehmen SIAG Schaaf aus Rheinland Pfalz. Hellenic Shipyards ging im Herbst mehrheitlich an Abu Dhabi Mar. Das arabische Unternehmen wiederum will sich mit den Zukäufen von ThyssenKrupp als internationale Werftengruppe verstärken. Abu Dhabi Mar hat bereits eine Werft in Frankreich übernommen sowie im Jahr 2009 den Großyachtspezialisten Nobiskrug in Rendsburg.