Bis zur Wahl muss Olaf Scholz noch ein klares Konzept vorlegen.

Knapp drei Monate vor der Bürgerschaftswahl scheinen sich die Hamburger ihre politischen Karten klar gelegt zu haben. Sie schicken die seit neun Jahren oppositionelle SPD und ihren designierten Spitzenkandidaten Olaf Scholz laut aktueller Meinungsumfrage auf die Siegerstraße. Und sie haben offensichtlich genug von einer CDU, die sich in den Jahren der Regierungsverantwortung verschlissen hat und der auch der neue Erste Bürgermeister Christoph Ahlhaus keinen Aufwind verschaffen kann.

Nimmt man noch den Zuwachs der GAL dazu, der der von ihr herbeigeführte Koalitionsbruch honoriert wird, dann ist die Botschaft eindeutig: Die Hamburger wollen zum zweiten Mal Rot-Grün, selbst eine Alleinregierung der SPD ist plötzlich wieder denkbar.

Die Wahrheit dahinter ist etwas schlichter. Die SPD hat bislang von der Schwäche des schwarz-grünen Senats im Allgemeinen und dem Abgang des sehr beliebten Bürgermeisters Ole von Beust im Besonderen profitiert. Das war vor allem ein Paternoster-Effekt: In dem Maße, in dem die CDU in den Keller fuhr, stieg die SPD auf. Die Sozialdemokraten mussten nur eigene Fehler vermeiden und konnten ansonsten gelassen abwarten.

Dabei hat es der Politik-Profi Scholz bis zum heutigen Tag meisterhaft verstanden, sich inhaltlich nicht wirklich festzulegen, schon um sich nicht angreifbar zu machen. Der SPD-Chef und Ex-Arbeitsminister bietet sich als seriöser, ehrlicher und vielleicht etwas langweiliger Regierungshandwerker auf dem Bürgermeistersessel an. Nichts anderes versucht im Grunde auch Ahlhaus, nur dass Scholz die Rolle offensichtlich eher abgenommen wird.

Bei Licht besehen unterscheiden sich CDU und SPD in ihren inhaltlichen Positionen nicht einmal besonders voneinander. Die Stadtbahn wollen beide wohl eher nicht. Der Haushalt muss konsolidiert werden, ja klar, nur wie? Kita-Gebühren-Erhöhung? Könnte eventuell zurückgenommen werden. Die Liste der Vagheiten ließe sich fortsetzen.

Die Wähler werden Scholz und der SPD die inhaltliche Konturlosigkeit nicht durchgehen lassen. Je näher der Wahltermin rückt, desto stärker wird die Forderung sein, die Alternativen zum nunmehr allein von der CDU geführten Rumpf-Senat klar zu benennen. Zu Recht: Der Kellner mag ja vertrauen erweckend sein, man wüsste schon gern, welches Mahl serviert wird.