Pastor Dr. Thomas Schaack, 46, ist Umweltbeauftragter der Nordelbischen Kirche.

Hamburger Abendblatt:

1. Mit einem atomaren Endlager in Gorleben würde die Schöpfung aufs Spiel gesetzt, kritisieren die Kirchenkreise in Perleberg und Lüchow. Kann uns die evangelische Kirche denn sagen, wo der Atommüll besser aufgehoben ist?

Thomas Schaack:

Das kann die Kirche so nicht. Das ist ja auch eine Frage der fachlichen Expertise. Aber im Moment geht es doch um Folgendes: Es gibt erhebliche Zweifel an der Sicherheit des Endlagers in Gorleben. In dieser Situation nimmt die Kirche eine Empfehlung des Arbeitskreises Endlager aus dem Jahre 2002 auf, der damals dafür plädiert hat, in ganz Deutschland ergebnisoffen nach anderen geeigneten Standorten zu suchen.

2. Ist es im christlichen Sinne, wenn Castortransporte zum Beispiel nach Russland gebracht werden, wie jetzt geplant ist?

Schaack:

Das ist sicher hochproblematisch. Im Grunde sollte die Regel so sein, dass diejenigen, die den Müll produzieren, auch dafür sorgen, dass er bei ihnen endgelagert wird. Das Abschieben in andere Länder, die auch noch als problematisch gelten, muss verhindert werden.

3. Wie konkret muss sich Kirche heute zu politischen Streitfragen äußern?

Schaack:

Kirche soll sich nicht zu allem und jedem äußern. Aber in der Atomdebatte geht es um Fragen, die seit Jahrzehnten schon die Menschen bewegen und die unsere Verantwortung für viele, viele Generationen betreffen. Wir reden immerhin bei der Strahlung des Atommülls über einen Zeitraum von 800 000 bis zu einer Million Jahren. Und es geht um die vermutete Gefährdung sehr vieler Menschen. Da muss die Kirche Stellung beziehen.

4. Wie groß ist der Einfluss der Kirche auf die Bundesregierung bei Fragen wie der Atom-, Energie- und Umweltpolitik?

Schaack:

Wir sind in einem Chor vieler gesellschaftlicher Player sicher nur eine Stimme. Aber wir vertreten sehr viele Menschen. Ob das die Bundesregierung beeindruckt oder ob das am Ende auch Erfolg hat, vermag ich nicht zu sagen. Trotzdem sollte diese Stimme der Kirche nicht stumm bleiben, sondern deutlich vernehmbar sein.

5. Erreicht Sie auch Kritik von Mitgliedern, die es nicht gutheißen, dass ihre Kirche sich zu politischen Streitfragen äußert?

Schaack:

Das höre ich eher selten. Ich nehme dagegen sehr viel Zustimmung wahr. Viele unserer Kirchenmitglieder sagen: Gut, dass die Kirche sich so deutlich zu Wort meldet.