Uwe Koßel ist Landesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei Hamburg.

Hamburger Abendblatt:

1. Wie weit darf Widerstand gehen?

Uwe Koßel:

Er darf so weit gehen, wie die Rechte und die körperliche Unversehrtheit anderer Menschen nicht verletzt werden. Wer Fahrzeuge anzündet, in denen Menschen sind, hat die Grenzen überschritten, das ist hoch kriminell. Widerstand ist dann akzeptabel, wenn er friedlich und passiv ist. Wenn die Aktivisten etwa die Straße blockieren und sich nachher ohne Probleme wegtragen lassen. Wer allerdings fünf Stunden auf Bahnschienen sitzt, begeht einen Eingriff in den Bahnverkehr. Juristisch gesehen ist das schon wieder strafbar.

2. Halten Sie Widerstand gegen Polizisten für gerechtfertigt?

Koßel:

Gar nicht. Die Kollegen und Kolleginnen machen ihren Dienst da draußen. Sie vertreten das Gesetz. Wer sich ihren Anweisungen widersetzt, macht sich strafbar. Die Beamten müssen das durchsetzen, ob es ihnen gefällt oder nicht. Viele sind auch nicht einverstanden mit der Politik, viele Kollegen sind auch nicht für Atomkraft. Aber Deutschland muss seinen Atomschrott zurücknehmen, und wir müssen durchsetzen, dass er ankommt. Der Widerstand war mit dem angekündigten Atomausstieg in den vergangenen Jahren abgeklungen. Jetzt wird er stärker, weil Bundeskanzlerin Angela Merkel Klientelpolitik betrieben hat. Doch die Kosten für den Einsatz trägt die Bevölkerung und nicht die Atomlobby.

3. Polizisten antworten mit Schlagstöcken auf Angriffe von Demonstranten. Muss Gleiches mit Gleichem vergolten werden?

Koßel:

Da trifft nicht gleich auf gleich. Polizisten dürfen rechtlich gesehen Zwangsmittel einsetzen. Die Aktivisten haben es übertrieben. Wie es in den Wald hineinschallt, so schallt es auch hinaus.

4. Erst sehen wir prügelnde Polizisten bei der Räumung des Hauptbahnhofs in Stuttgart, wenige Wochen später am Castorzug. Wie sehr leidet das Image der Polizei?

Koßel:

Ja, es nimmt durch solche Einsätze Schaden. Aber wir haben das gar nicht zu verantworten. Das ist die Klientelpolitik unserer Regierung, für die wir den Kopf hinhalten müssen.

5. Und wie sind die Einsatzbedingungen an der Castor-Strecke?

Koßel:

Schlecht. Es werden immer mehr Kräfte nachgefordert. Auch aus Hamburg sind seit Freitag zahlreiche Beamte an der Strecke im Einsatz. Es sollen jetzt schon insgesamt nahezu 20 000 Polizisten aus mehreren Bundesländern sein. Die Beamten machen ihren Dienst 20 Stunden am Tag. Zu zweit nicht nur einen, sondern Dutzende Demonstranten wegzutragen, das ist härteste Arbeit. Doch es gibt ein Problem: Die Kollegen werden nicht versorgt. Es ist zwar genug Verpflegung da, aber niemand weiß, wo die Kollegen gerade im Einsatz sind. Die Polizisten sind fertig mit der Welt da draußen.