Christine Ebeling, 44, ist Sprecherin der Gängeviertel-Initiative.

Hamburger Abendblatt:

1. Hamburg ist nach einer Untersuchung für junge Leute bis 29 Jahre die stärkste Stadtmarke in Deutschland. Warum kritisiert die Recht-auf-Stadt-Bewegung diese Art Markenbewusstsein?

Christine Ebeling:

Die Recht-auf-Stadt-Bewegung kritisiert bei Weitem mehr. Gerade akute Themen wie Wohnungsnotstand, selbstbestimmte und verwaltete Lebensformen, soziale Missstände, alles was zur Beantwortung der Frage ,Wie soll die Stadt aussehen, in der wir leben wollen?' dienlich ist. Ich meine, alle sollten sich fragen, wer denn die Stadt ist. Was steht hinter der Marke? Da kann ich nur sagen, keiner sieht genau hin. Was die U-30-Generation wahrnimmt, ist leider das falsche, bunte, ach so eventgeschwängerte Hamburg. Wer von den Befragten hat denn schon mal eine Wohnung gesucht? Wer kann sich die Studiengebühren leisten?

2. Wie attraktiv ist Hamburg für junge Menschen im Vergleich zu anderen deutschen Städten?

Ebeling:

Hamburg ist noch sehr attraktiv, es gibt noch die grünen Zonen, die Elbe und das äußerst vielfältige kulturelle Angebot. Doch der Wandel ist in vollem Gange: Der Ausblick auf die Gewässer wird verbaut und privatisiert, öffentliche Räume gehen verloren, dafür ziehen Orte des Konsums und der leichten Kost nach, ganz zu schweigen von dem, was uns die Kulturpolitik noch bescheren wird.

3. Wo liegen Ihrer Meinung nach denn die wahren Werte einer Stadt?

Ebeling:

Einfach vorbeikommen und den Zauber, die Vielfalt und das wahre Miteinander erleben. Jeder wird hier eine Antwort finden, es ist nicht an mir, Vorgaben zu machen. Es wäre mir eine Freude zu sehen und zu fühlen, dass sich jeder dieser Frage stellt.

4. Kann man überhaupt ein städtisches Gemeinwesen nach Coca-Cola-Art vermarkten?

Ebeling:

Nein!

5. Wichtig für die Marke ist der Glaube an die Zukunft. Wo steht Hamburg in zehn Jahren?

Ebeling:

Das hängt von denen ab, die die Stadt sind, und von verantwortungsvollem Handeln, dem intensives Nachdenken vorausgehen sollte. Wenn die Bewohner, ob Politiker oder mein Nachbar, Ideen und Visionen entwickeln und in der Lage sind, darüber zu kommunizieren, und wenn Beteiligung kein Zauberwort bleibt, habe ich Hoffnung.