Die Sportfunktionärin Claudia Wagner-Nieberding ist zuständig für Integration auf dem Fußballplatz

Mannschaften, in denen nur Spieler mit rein deutscher Herkunft kicken, gibt es in Hamburg wahrscheinlich gar nicht mehr." Claudia Wagner-Nieberding sitzt in ihrem aufgeräumten Anwaltsbüro am Klosterstern in Eppendorf und wundert sich ein wenig über den Besuch. Kann ja sein, dass es in Politik und Gesellschaft ein kollektives Versagen in Sachen Integration gegeben hat - "für den Fußball-Sport zählt das ganz eindeutig nicht", sagt sie. "Auch wenn wir nicht auf einer Insel der Glückseligen leben."

Natürlich gebe es punktuell immer wieder Gewalt auf dem Fußballplatz. Gerade hat der Vorstand von Gencler Birligi seine zweite Mannschaft vom Spielbetrieb abgemeldet, um, wie er mitteilte, "ein Zeichen zu setzen". Aber es gebe, so Wagner-Nieberding, jedes Wochenende "Hunderte von konfliktfreien Begegnungen" und "keine dramatische Zunahme der Gewaltproblematik". Auch wenn sie betont, dass "jeder Vorfall einer zu viel ist".

Die Fakten: An einem Wochenende gibt es in Hambug rund 1450 Fußballspiele bei Junioren (900), Mädchen (110), Herren (450) und Frauen (45). Bei 30 von rund 60 000 Spielen im Jahr gibt es eine Gewaltproblematik - das sind 0,05 Prozent.

Seit Ende 2007 ist die 40-Jährige Integrationsbeauftragte des Hamburger Fußball Verbandes (HFV). Sie überlässt das Rampenlicht gerne anderen und wirkt lieber im Stillen. Sie weiß um die "hohe soziale Verantwortung" des Fußballs und hat deshalb fünf Bausteine für ein "Miteinander statt nebeneinander" entwickelt. Die Qualifizierung von Trainern und Betreuern, die Würdigung besonderer Leistungen durch die Ausschreibung des mit 10 000 Euro dotierten Integrationspreises, die klare Positionierung gegen Ausgrenzung, die Schaffung von Chancengleichheit durch Kooperation mit Bildungseinrichtungen und die Integration durch Teilhabe. "Es wäre sehr hilfreich, wenn wir noch mehr Menschen mit Migrationshintergrund und mit kultureller Kompetenz für das Ehrenamt gewinnen könnten", sagt sie.

Deshalb sei die momentane Debatte auch nicht überflüssig, aber in der populistischen Zuspitzung "der Sache nicht zuträglich". Gerade weil der Fußball die "größte Durchdringung in der Gesellschaft" hat, ist für die Rechtsanwältin ein Aspekt in der Diskussion entscheidend: "Es geht weniger um Menschen mit Migrationshintergrund, sondern um die soziale Integration."

Da setzt auch der Verband an. Sie erzählt von einem Sportcamp mit 21 Kindern aus elf Nationen, in dem den Teilnehmern beigebracht wurde, dass man sich begrüßt, sich dabei die Hand gibt und gemeinsam zu Mittag isst. "Für viele waren das neue Erfahrungen", sagt Wagner-Nieberding, die selbst "fußballbegeistert" und St.-Pauli-Mitglied ist. Die Kinder hätten "ein unglaubliches Bedürfnis nach Zugehörigkeit".

Genau hier liege ihr Ansatz: rassistische Äußerungen und kulturelle Konflikte nicht zu negieren, sondern zu ahnden. "Aber der Schwerpunkt liegt im Positiven." Schließlich hat sie ein Ziel: "Ich möchte, dass sich meine Position irgendwann in Luft auflöst."