Der Vorbeter Mehmet Yilmaz erklärt deutschen Gästen das muslimische Gebetshaus am Heiligengeistfeld und bemüht sich täglich, Vorurteile abzubauen

Die Wände sind kahl, der Teppich im Gebetsraum ist verschlissen, die Einrichtung spärlich - das Ambiente der Mevlana-Moschee am Heiligengeistfeld ist alles andere als repräsentativ. Dafür fällt der Empfang durch Mehmet Yilmaz, 61, den Vorbeter und Vorsitzenden des Moscheevereins, umso freundlicher aus: "Kommen Sie rein, wir haben nichts zu verbergen." Seit neun Jahren betreibt der Witwer und Großvater von zwei Enkeln mit 20 anderen Vereinsmitgliedern die Moschee. Ehrenamtlich, wie er betont.

Genauso wichtig ist ihm die Unabhängigkeit des Vereins. "Wir sind keinem Dachverband oder einer anderen Institution angeschlossen und finanzieren uns nur über die Spenden der Gemeinde, wir hängen nur ab von Gott." Er lächelt und zeigt mit dem Finger nach oben. Der Verein bietet für Jungen und Mädchen Korankurse an, die Gebetsräume stehen allen Muslimen offen. "Wir würden gerne Deutschkurse und Computerkurse anbieten, aber unsere Möglichkeiten sind begrenzt." Er sieht die Moschee als Anlaufstelle für die Menschen in der Umgebung an und empfängt auch deutsche Gäste, die sich informieren oder die Räumlichkeiten eines muslimischen Gebetshauses einmal von innen sehen wollen. Aber als Schulklassen und deutsche Lehrer mit ihm über den Islam diskutieren wollten, habe er das abgelehnt.

"Natürlich bin ich für einen Austausch, gebe Auskunft über meine Religion, aber wie soll ich mit ihnen über den Islam diskutieren, wenn sie kaum etwas darüber wissen? Es würde mir ja auch nicht einfallen, mit den Lehrern über Pädagogik zu diskutieren." Sein eigenes Wissen über den Islam hat er von religionsgelehrten Hodschas, die ihn in Deutschland unterrichtet haben, und aus Büchern in türkischer Sprache. Und er hat genug Arabisch gelernt, um den Koran im Original zu lesen.

Mehmet Yilmaz fixiert seine gefalteten Hände und holt Luft: "Man kann die Integration nicht erzwingen, sie wird nicht auf Befehl funktionieren. Sie kann nur gelingen, wenn man den Menschen ihre Identität und ihren Glauben lässt. Wenn ein Christ Alkohol trinkt, habe ich das zu respektieren. Er muss aber auch respektieren, dass ich es als Moslem nicht tue." Dabei macht er keinesfalls allein die deutsche Seite für die heutigen Probleme vor allem der zweiten und dritten Generation verantwortlich. "Wir sind in den 60ern und 70ern in dieses Land gekommen, um uns eine neue Existenz aufzubauen, um es zu Wohlstand zu bringen. Und den meisten von uns ist das auch gelungen. Nur haben wir dafür einen hohen Preis bezahlt. Wir haben unsere Kinder vernachlässigt." Die Eltern hätten es versäumt, ihren Kindern Orientierung zu geben, und nicht genug Wert auf eine gute Ausbildung gelegt.

Auch an ihrem schlechten Image seien die Muslime nicht unschuldig, findet er. So hätten unter den früheren Betreibern der Moschee 70 Türken bei ihrer Anmeldung als Wohnort die Adresse der Moschee angegeben. Als manche von ihnen straffällig wurden, stand regelmäßig die Polizei vor der Tür. "Und solche Leute nennen sich Muslime", sagt Yilmaz und schüttelt den Kopf.

Für ihn ist ein wahrer Moslem rechtschaffen und aufrichtig. Er behandelt seine Mitmenschen mit Respekt und betrügt nicht, weder andere Muslime noch Christen, denn Betrug bleibe Betrug. Vor allem darin sieht er seinen Beitrag zum Gelingen der Integration, in der religiösen Unterweisung. Er möchte seine Auffassung, was ein guter Moslem ist, was er tun darf und was nicht, den Leuten beim Freitagsgebet oder bei alltäglichen Begegnungen vermitteln. Und weiter Vorurteile abbauen, was bisweilen kompliziert ist.

"Beim letzten Zuckerfest, dem Abschluss des Fastenmonats Ramadan, haben wir die Polizeiwache in der Nähe besucht und Süßigkeiten mitgebracht", erzählt er. "Wir mussten den Polizisten erklären, dass die Süßigkeiten kein Bestechungsversuch sind, sondern eine übliche Geste zum Zuckerfest. Erst dann haben sie davon gegessen. Inzwischen schauen sie manchmal auf ein Glas Tee in unserer Moschee vorbei."