Das Verkehrsministerium des Bundes sieht keinen Bedarf für einen Ausbau der Strecke von Hamburg nach Stormarn und will das Projekt kippen.

Hamburg. Die geplante S-Bahn 4, die die Hamburger Innenstadt mit Ahrensburg verbinden sollte, steht vor dem Aus: Das Bundesverkehrsministerium in Berlin, das den Ausbau der S-Bahn-Strecke mitfinanzieren sollte, sieht für eines der wichtigsten norddeutschen Verkehrsprojekte plötzlich keinen Bedarf mehr.

Der Grund: Das prognostizierte Verkehrsaufkommen mache den Bau eines drittes Gleises bis 2025 nicht notwendig, erklärte das Ministerium auf Abendblatt-Anfrage. Deshalb könne der Ausbau der Strecke zwischen Hamburg und Ahrensburg auf absehbare Zeit auch nicht anteilig durch den Bund finanziert werden, teilte das Bundesverkehrsministerium mit.

Diese Entscheidung basiert auf einer Studie zum Verkehrsknoten Hamburg und dürfte weitreichende Konsequenzen für die Realisierung des 400-Millionen-Euro-Projekts haben.

Dabei sollte die S 4 in kurzen Abständen fahren und den Hauptbahnhof als Knotenpunkt entlasten. Außerdem sollte das neue Gleis Kapazitäten für den Güterverkehr frei machen. Seit Jahren führen die Deutsche Bahn und die Länder Hamburg und Schleswig-Holstein deshalb Gespräche über dieses wichtige Verkehrsprojekt. Zahlreiche Machbarkeitsstudien wurden erstellt.

Die zuständige Behörde für Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) hält unterdessen an ihren Plänen fest: "Wir werden alles unternehmen, um den Bund von den Vorteilen des Ausbaus des öffentlichen Personennahverkehrs nach Ahrensburg zu überzeugen", sagte Sprecher Enno Isermann. Ziel sei nach wie vor, das Projekt gemeinsam mit dem Bund zu finanzieren.

Bislang hatte S-Bahn-Chef Kay Uwe Arnecke den Bau der S 4 bis 2018 für möglich gehalten. Durch ein drittes Gleis könnte auf der Strecke zwischen dem Hauptbahnhof und Ahrensburg künftig eine 20-Minuten-Taktung angeboten werden. Die Bahn hatte sogar auf Plakaten damit geworben, dass bis nach Ahrensburg zwei neue Gleise gebaut werden sollen und so zu den Hauptverkehrszeiten die S-Bahn im Zehn-Minuten-Takt fahren könne. Bislang fährt hier die Regionalbahn, die durch die S 4 ersetzt würde, zu den Hauptverkehrszeiten im 30-Minuten-Takt.

Aufgrund des Baus der festen Fehmarnbeltquerung werden ab 2018 täglich rund 78 Güterzüge auf der Strecke erwartet. Dann dürfte es eng werden, denn Güterzüge und Personenzüge müssten sich die beiden vorhandenen Gleise teilen: "Durch die eigene Infrastruktur könnte die S-Bahn störungsfreier und pünktlicher fahren als bislang die Regionalbahn. Dadurch, dass die S-Bahn die Regionalbahn ersetzen würde, käme es auch zu einer großen Entlastung im Verkehrsknotenpunkt Hauptbahnhof", sagte Bahnsprecher Egbert Meyer-Lovis.

Die Politik reagierte mit Kritik auf die Nachricht aus Berlin: "Es darf nicht sein, dass der Bund dem dringend erforderlichen Streckenausbau einen Strich durch die Rechnung macht. 78 Güterzüge auf einer Strecke, deren Kapazität sowieso schon am Limit ist, dürfte doch wohl Argument genug sein", sagt SPD-Verkehrsexperte Ole Thorben Buschhüter. Nun würde sich rächen, dass der Hamburger Senat jahrelang und vor allem in wirtschaftlich besseren Zeiten das Projekt vernachlässigt habe. Buschhüter wirft dem Senat vor: "Die S-Bahn hat bereits 2002 eine Machbarkeitsstudie vorgelegt, die zu einem positiven Ergebnis kam. Doch passiert ist lange Zeit überhaupt nichts, trotz mehrerer einstimmiger Beschlüsse der Bürgerschaft." Für den SPD-Verkehrsexperten steht fest: "Für die Umsetzung der S 4 muss schnellstens eine Lösung gefunden werden." CDU-Verkehrsexperte Klaus-Peter Hesse sieht das ähnlich: "Der Bund kann nicht ehrgeizige klimapolitische Ziele ausrufen, dann aber sinnvolle Maßnahmen der Förderung verweigern."