Dr. Hans-Jochen Jaschke, 68, ist katholischer Weihbischof in Hamburg.

Hamburger Abendblatt:

1. Was rechtfertigt eigentlich den Rücktritt eines Politikers?

Hans-Jochen Jaschke:

Wenn ein Politiker schuldig geworden ist, muss er zurücktreten. Das können wir als Wähler und Bürger erwarten. Auf Ole von Beust trifft das natürlich nicht zu. Er hat sich im Amt aufreiben lassen und sehr erfolgreich für Hamburg gewirkt. Nun erlebt er etwas Bitteres: dass das historische Experiment einer schwarz-grünen Regierung - zukunftsweisend und einmalig für Deutschland - ausgerechnet in seiner eigenen Klientel keine ausreichende Anerkennung mehr findet.

2. Haben Sie sich denn von der schwarz-grünen Konstellation viel versprochen?

Ja, bisher hat deren Arbeit auch ganz gut funktioniert. Die Koalitionspolitiker sind ordentlich miteinander umgegangen und haben gute Kompromisse gefunden, die für Hamburg tragfähig waren. Beeindruckt hat mich auch der Stil des Senats, getragen von gegenseitigem Respekt und Anerkennung. Der Knackpunkt ist die Schulreform.

3. Wann sollte ein Bischof oder eine Bischöfin unbedingt vom Amt zurücktreten?

Bei Bischöfin Käßmann haben wir das öffentliche Eingeständnis des eigenen Versagens erlebt. Das ist ehrenhaft, aber sie hat versagt. Bei Maria Jepsen liegt der Fall anders: Sie hat das Versagen anderer kirchlicher Stellen übernommen und ist stellvertretend für andere zurückgetreten und hat damit ein wichtiges Signal an die Opfer gegeben.

4. Spiegelt sich in den Rücktritten ein Symptom der Gesellschaft, voreilig aufzugeben?

Das ist schwer zu beurteilen. Die Bürger erwarten, dass Politiker nicht am Amt kleben, andererseits sollen sie nicht gleich aufgeben, wenn sie nicht alles erreichen oder etwas verkehrt machen.

5. Muss, wer einmal gewählt oder ernannt wurde, bis zum Ende seiner Amtszeit durchhalten?

Ich bin kein Freund von Rücktritten, wenn man einmal Verantwortung übernommen hat. Man muss sich auf alle in verantwortungsvollen Positionen verlassen können, auch wenn es mal stürmisch wird. Aber wir können nicht in die Menschen hineinschauen. Wenn einer aus persönlichen Gründen zurücktritt, haben wir das zu respektieren.