Im Schatten der Fußball-WM hat die Bundesregierung nach der Gesundheitsreform eine weitere heikle Entscheidung getroffen. Innenminister de Maizière verfügte die Aufnahme von Häftlingen aus Guantánamo - und Hamburg entschloss sich sogleich zur Mitwirkung.

Der Innenminister scheint Zweifel an der Ungefährlichkeit all derer zu hegen, die nach neun Jahren Lagerhaft auf freien Fuß gesetzt werden. Warum sonst hat er einen der drei Gefangenen, um deren Aufnahme die USA gebeten hatten, zurückgewiesen? Warum sonst kündigt er an, keinen weiteren Häftling ins Land zu lassen?

Es wäre human gewesen, von vornherein Nein zu sagen. Eine ablehnende Position der EU hätte Obamas Regierung längst gezwungen, die Voraussetzungen für die Auflösung des menschenunwürdigen Lagers zu schaffen. Warum die Häftlinge nicht in den USA leben sollen, lässt sich moralisch nicht begründen. Dass ausgerechnet Hamburg, wo der Terror vom 11. September 2001 vorbereitet wurde und militanter Islamismus weiterhin wurzelt, sich zum Aufnahmeland erklärt hat, ist mit mangelnder Sensibilität zurückhaltend beschrieben.

Die Bundesregierung hat, wenn die WM vorüber ist, keinen Stimmungstest zu bestehen. In Hamburg ist das anders. Die Bürger könnten sich verleiten lassen, den Volksentscheid zur Schulreform in ein grundsätzliches Votum über Schwarz-Grün zu verwandeln.