Bei Facebook hatten sie sich verabredet. Dutzende Jugendliche sprangen gegenüber der Bank of China in die Alster - teils voll bekleidet.

Hamburg. Sonnabend, 16 Uhr, die Glocken von St. Petri schlagen zur vollen Stunde. Das ist das Zeichen! Von Jungfernstieg und Rathausmarkt aus stürmen plötzlich Dutzende Jugendliche gen Reesendamm - und springen dort, gegenüber der Bank of China, in die Alster - teils voll bekleidet. Dort planschen sie unter lautem Gekreische ein bisschen, amüsieren sich etwas über die erstaunten Blicke der Passanten und kommen dann fast genauso schnell wieder aus dem Wasser heraus, wie sie zuvor hineingelaufen sind. Danach zerstreuen sie sich wieder in alle Richtungen, ganz so, als sei gar nichts gewesen.

"Alster-Springen" nannte sich dieses Spektakel, unter diesem Titel war es einige Tage zuvor im Online-Netzwerk Facebook organisiert worden. Und zwar als "Flashmob", als kurzer und scheinbar spontaner Menschenauflauf also, um binnen kurzer Zeit eine ungewöhnliche und daher aufsehenerregende Massen-Aktion über die Bühne zu bringen. "Um Punkt 16 Uhr", hatte es in der zwischenzeitlich schon wieder gelöschten Gruppe geheißen, "rennen, springen oder laufen wir in die Alster, nach etwa fünf Minuten solltet Ihr aus der Alster rausgehen und so tun, als hättet Ihr nichts gemacht!" Weiter forderte die Gruppe ihre Anhänger auf: "Je mehr Leute kommen, desto weniger doof sehen wir beim Baden in der Brühe aus!"

Mit "Brühe" war das Wasser an den Alsterarkaden gemeint. Hierhin hatte die Facebook-Gruppe "Alster-Springen" zum Flashmob geladen, immerhin knapp 900 Menschen hatten zugesagt. Das hatte auch die Polizei mitbekommen: Mit drei Streifenwagen und zwei Booten war sie um 15.45 Uhr im Einsatz. "Wir wollen darauf achten, dass niemandem etwas passiert", sagte einer der Beamten. Nein, fügte er hinzu, verboten sei es nicht, in der Alster zu baden. "Allerdings kann es im Wasser gefährlich sein, wegen der geringen Tiefe, möglicher Strömungen und der Schifffahrt."

"Höchstens 70 Leute" seien dabei gewesen, schätzte die Polizei hinterher. Das Gros der angemeldeten Facebook-Nutzer hatte beim Flashmob also doch nicht mitgemacht. "Spaß gemacht hat's trotzdem", sagten Lara, 14, aus St. Georg und Markus, 14, aus Wandsbek. Die beiden hatten den Flashmob nach eigenen Angaben initiiert - "weil das doch eine faszinierende Sache ist, wenn lauter Unbekannte gleichzeitig etwas Lustiges tun und die Umstehenden damit zum Staunen bringen."

Gestaunt, das haben vom Rathausmarkt aus auch Peter, 71, und Heidemarie Meierhoff, 64. Die Rentner aus Rahlstedt fanden das Alsterspring-Ereignis allerdings weniger begrüßenswert: "Unseretwegen können die Jugendlichen ihre verrückten Ideen ruhig ausleben. Aber dass dafür dann extra Polizisten kommen und folglich unsere Steuergelder draufgehen müssen, das geht doch wohl zu weit."