Die Ärzte müssen für mehr Offenheit sorgen

Mit dem Urteil zur Unbestechlichkeit von Ärzten haben es sich die Richter am Bundesgerichtshof (BGH) nicht leicht gemacht. Monatelang haben sie in den unterschiedlichen Senaten gerungen, wie das Strafrecht nun mit dem real existierenden deutschen Gesundheitssystem zusammenhängt und auszulegen ist. Herausgekommen ist die Sensation, dass Ärzte eigentlich freier sind, als sie selbst gedacht hatten. Ja, Ärzte dürfen Geschenke annehmen - auch wenn sie von der Pharmaindustrie kommen und quasi als Belohnung dafür gedacht sind, dass besonders viele gelbe statt grüner Pillen verschrieben wurden.

Solange beide Pillen für die Patienten gleich wirken und kosten, ist im Prinzip nichts dagegen zu sagen. In der Pharmabranche geht es um einen Milliardenmarkt, um Patente, Nachahmerpräparate, um Forschung, die bezahlt werden muss, und das Ausreizen jeder Gesetzeslücke. Es wäre zu billig, die undurchsichtige Industrie an den Pranger zu stellen. Denn Pharma hilft. Millionen Menschen führen dank moderner Medikamente ein lebenswerteres Leben.

Mehr Transparenz wünscht man sich beim Arzt. Auch die Mediziner müssen sich weiterbilden, neue Therapien und Produkte kennenlernen. Doch wenn sie dafür kassieren, dass sie einen Anbieter bevorzugen, hat das ein Geschmäckle. Und es belastet das Arzt-Patienten-Verhältnis. Deutschlands Ärzte haben alles Vertrauen verdient, das ihnen die Kranken entgegenbringen. Doch sie sollten von sich aus für mehr Offenheit sorgen. Das gilt für die Geschenke von Pharmafirmen wie für Fangprämien von Krankenhäusern, in die sie gezielt bei planbaren Operationen überweisen.

Durch wenige schwarze Schafe entsteht im Gesundheitswesen jedes Jahr ein Milliardenschaden. Den haben am Ende die Krankenversicherten. Das kratzt auch am Image aller Ärzte. Vor allem die Politik und ein recht stiller Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) müssen jetzt schnell klarmachen, wo Korruption in der Praxis beginnt und wie sie bestraft werden muss. Wenn das klarer gesetzlich formuliert wäre, müsste man nicht jedes Jahr auf wegweisende Richtersprüche warten.