Es geht um 80 Millionen Euro Schadenersatz. Welche Rolle spielte die Prevent AG? 30 Umzugskartons mit Material sichergestellt.

Hamburg. Es geht um mehrere Millionen Euro, türkische Reeder, ein Projekt mit dem Codenamen "Shisha" und den Verdacht der Untreue gegenüber der HSH Nordbank: In einem Ermittlungsverfahren gegen den Ex-Bankvorstand Peter R. und zwei seiner ehemaligen Mitarbeiter haben Polizei und Staatsanwaltschaft Räume der HSH Nordbank in Hamburg und Kiel, der Sicherheitsfirma Prevent in München und diverse Privatwohnungen in Hamburg, Niedersachsen und Schleswig-Holstein durchsucht. Sie stellten 30 Umzugskartons voller Schriftstücke und noch ungezählte Datenträger sicher. Deren Auswertung wird, so vermutet Oberstaatsanwalt Wilhelm Möllers, Monate in Anspruch nehmen.

Den aktuellen Durchsuchungen liegt ein Finanzgeschäft der damaligen Hamburgischen Landesbank aus dem Jahr 2001 zugrunde. Die Bank hatte der türkischen Reederei Karahasan Schiffe im Wert von 30 Millionen Dollar finanziert.

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Die Reederei geriet mit der Rückzahlung ihrer Raten in Rückstand, und zwar so sehr, dass die zwischenzeitlich in HSH Nordbank umbenannte Landesbank die Schiffe versteigerte. Karahasan strengte nachträglich ein Verfahren gegen die Versteigerung an - und bekam recht. Ein türkisches Gericht sprach der Reederei 80 Millionen Dollar Schadenersatz zu.

Spielte auch der damalige Chefjustiziar der Bank, Wolfgang Gößmann, bei der Pleite eine Rolle? 2011 setzte ihn die Bank vor die Tür. Gößmann klagte gegen die Kündigung. Im Arbeitsgerichtsprozess beschuldigte er nun seinerseits Peter R., der zwischenzeitlich ebenfalls entlassen worden war, die jetzt im Fokus der Ermittlungen stehenden Verträge mit der Prevent AG und dem Steuerberater initiiert zu haben. Die Sicherheitsfirma unter Leitung von Thorsten Mehles, einst Chef der Abteilung Organisierte Kriminalität der Hamburger Polizei, sollte demnach in der Türkei dafür sorgen, dass sich die Haltung gegenüber der Bank ändere. Das nebulöse Vorhaben erhielt den Codenamen "Shisha", nach der orientalischen Wasserpfeife. Prevent versprach offenbar, die türkische Bankenkommission beeinflussen zu können, hinter der die Partei des Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan steht.

Vereinbart wurde, dass Prevent 7,5 Prozent der Summe einstreichen solle, die die Nordbank einspare. Mehles und seiner Firma gelang es tatsächlich, den früheren türkischen Ministerpräsidenten Yilmaz für die Sache der HSH zu gewinnen. Auch die deutsche Botschaft am Bosporus und dem Vernehmen nach sogar die Bundeskanzlerin schalteten sich ein. 2009 entschied das Berufungsgericht in der Türkei tatsächlich zugunsten der HSH, der Schadenersatz war damit passé. Prevent strich 3,57 Millionen Euro ein, fast 50 Prozent der Erfolgsprämie.

Doch: Das Berufungsgericht hatte den Fall nicht endgültig entschieden, sondern an die erste Instanz zurückverwiesen. Die fällte kurz darauf wieder einen Spruch, der klar der Reederei recht gab. Der Rechtsstreit ist bis heute nicht entschieden, die Millionen sind als Rücklage deponiert, von einem Erfolg für die Prevent AG, die ihr Büro in Norderstedt mittlerweile aufgegeben hat, kann also (noch) keine Rede sein. Neben Gößmann war auch der damalige HSH-Vorstand Dirk Jens Nonnenmacher letztlich über Vorkommnisse im Zusammenhang mit Prevent gescheitert. Für die Sicherheitsfirma hatte auch der frühere Hamburger Innensenator Udo Nagel nach seiner Amtszeit gearbeitet.

Welche Rolle der ominöse Steuerberater aus Österreich im Geflecht der HSH-Oberen spielt, ist bislang eher unklar. Fest steht: Selbst die Nordbank bewertete das Gutachten über Art und Besonderheiten der türkischen Schiffsbranche, für das sie 1,6 Millionen Euro ausgab, als vollkommen nutzlos. Den Auftrag aber soll der jetzt im Fokus der Ermittler stehende Ex-Schifffahrtsvorstand R. gegeben haben.

Das Geld soll ebenso sinnlos ausgegeben worden sein wie die bereits an die Prevent überwiesenen dreieinhalb Millionen Euro. An der Durchsuchung, die schon am frühen Dienstag zeitgleich in elf Objekten stattfand, waren zwei Staatsanwälte und 42 Polizeibeamte beteiligt.