Überraschende Zahlen: Firmen in den Bereichen Solarkraft, Wind und Biomasse werden zum Arbeitsplatzmotor in der Hansestadt Hamburg.

Hamburg. Eine gute Entwicklung für Hamburg ist seit Jahren zu sehen, aber die neuen Zahlen überraschen doch: Rund 14.500 Arbeitsplätze werden in der Hansestadt mittlerweile den erneuerbaren Energien Windkraft, Solarenergie und Biomasse zugerechnet, in der Metropolregion sind es 24.700. Das Schweizer Marktforschungsinstitut Prognos hat die Daten für eine Studie im Auftrag der Branchenorganisation Erneuerbare Energien Hamburg (EEHH) erhoben. "Diese Zahlen liegen signifikant über denen, die wir bisher zugrunde gelegt haben", sagte Jan Rispens, Geschäftsführer von EEHH, gestern bei der Präsentation der Studie.

Vor allem die Windkraftindustrie baute ihre Präsenz in Hamburg während der vergangenen Jahre stark aus. Konzerne wie Siemens, General Electric, Areva oder Suzlon - der indische Mutterkonzern des Hamburger Windturbinenherstellers Repower Systems - richteten in der Hansestadt große Geschäftseinheiten oder Forschungseinrichtungen ein. Siemens verlegte die Leitung seines weltweiten Windkraftgeschäfts aus Dänemark nach Hamburg, Nordex zog mit seiner Zentrale von Norderstedt nach Langenhorn um.

+++ Gemeinsam ist der Norden stark +++

Insgesamt befragte Prognos für die Studie in Hamburg und der Metropolregion 1466 Unternehmen. Im Fokus stand neben der Windkraft die Solarbranche und die Energieerzeugung aus Biomasse. Erfasst wurden nicht nur reine Hersteller erneuerbarer Energietechnologien, sondern auch traditionelle Industriekonzerne wie Siemens, Logistikunternehmen wie BLG Logistics, Projektierungsgesellschaften für Wind- und Solarparks, Anwaltskanzleien oder Finanzunternehmen, die den erneuerbaren Energien eigene Arbeitsplätze zurechnen. Deren Zahl wächst nach Einschätzung der befragten Unternehmen bis zum Jahr 2015 um etwa 40 Prozent. "Hamburg hat vom Boom der erneuerbaren Energien weit überdurchschnittlich profitiert", sagte Peter Kaiser, der bei Prognos für die Studie verantwortlich zeichnet.

Hamburg fährt damit den Gewinn seiner Ansiedlungspolitik ein. Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) hatte in seiner vorherigen Funktion als Präses der Handelskammer jahrelang um Unternehmen geworben, die am Ausbau der erneuerbaren Energien beteiligt sind. "Hamburg und die Metropolregion sind ein idealer Standort für diesen Wirtschaftszweig", sagte Horch gestern. "Im Norden können wir eine hohe Leistung aus erneuerbaren Energien erzeugen, vor allem aus Windkraft, aber auch aus Solarenergie und Biomasse. Wir wollen diese Energie verstärkt auch in Hamburg selbst nutzen. Deshalb werden wir dazu beitragen, die nötigen Speichertechnologien in den kommenden Jahren weiterzuentwickeln und zur Anwendung zu bringen, etwa die Erzeugung von Wasserstoff mithilfe der Windkraft." Wasserstoff wiederum sei der Treibstoff der Zukunft, um Elektroautos oder Busse mit Brennstoffzellen anzutreiben.

Auch die maritime Wirtschaft in der Hansestadt bekommt durch die erneuerbaren Energien neue Impulse. Deutschlands älteste Werft Sietas etwa, die durch den klassischen Schiffbau nicht mehr ausgelastet werden kann, baut demnächst ein erstes Windkrafterrichterschiff für den niederländischen Konzern Van Oord. Es ist derzeit der wichtigste Auftrag für das Unternehmen, um das laufende Insolvenzverfahren zu überstehen und wieder Tritt zu fassen. "Den Hamburger Werften Sietas und Blohm + Voss bieten der Neubau und der Umbau von Schiffen für den Offshore-Windkraftmarkt eine große Perspektive", sagte Horch.

In Hamburg und Norddeutschland hat sich während der vergangenen Jahre bei den erneuerbaren Energien eine Arbeitsteilung herausgebildet. Die Großstadt empfiehlt sich mit ihren guten Verkehrsanbindungen vor allem als Standort für Unternehmenszentralen, für Dienstleister sowie für Einrichtungen von Forschung und Entwicklung. Die Fertigungsbetriebe für die Anlagen wiederum stehen hauptsächlich in der Metropolregion. Vor allem außerhalb Hamburgs werden Strom und Kraftstoffe in Windparks, Solarkraftwerken oder Biogasanlagen auch erzeugt. Als Basishäfen für den geplanten Ausbau von Offshore-Windparks in der Nordsee bieten sich bevorzugt die Häfen Brunsbüttel in Schleswig-Holstein und Cuxhaven in Niedersachsen an, mit denen Hamburg in der Hafenkooperation Unterelbe eng zusammenarbeitet.

In Hamburg wiederum soll in den kommenden Jahren vor allem die Forschung und Entwicklung zum Thema erneuerbare Energien weiter ausgebaut werden. "Derzeit arbeiten wir am Aufbau eines neuen Forschungsverbundes von fünf Hamburger Hochschulen", sagte EEHH-Geschäftsführer Rispens. "Beteiligt sind die Universität Hamburg, die HAW, die Technische Universität Hamburg-Harburg, die HafenCity-Universität und die Helmut-Schmidt-Universität. Wir sind zuversichtlich, dass dieses Projekt bald deutliche Fortschritte machen wird."