Am Wochenende droht der Verkehrsinfarkt. Bei Stellingen wird für den achtspurigen Ausbau eine Brücke erneuert

Hamburg. Der silberne Anstrich der Brücke glänzt in der Frühlingssonne. Bauarbeiter in leuchtend orangen Warnwesten stehen ein paar Meter neben dem Stahlungetüm, das knapp einen Meter über dem Erdboden auf Stelzen ruht, und beratschlagen. Noch geht es auf der Baustelle, die unmittelbar neben der Autobahn 7 liegt, ruhig zu. Ganz anders als auf den sechs Fahrbahnen, auf denen ein scheinbar nimmer endender Strom von Pkw und Lkw lärmend dahinfließt.

Am kommenden Freitagabend, 22 Uhr, ist es so weit. Dann wird die Autobahn 7 zwischen der Auffahrt Stellingen und dem Dreieck Nordwest für 56 Stunden in beide Richtungen gesperrt, dann tritt das Projekt Eisenbahnüberführung Stellingen in seine heiße Phase. Weil die Autobahn an dieser Stelle auf acht Spuren erweitert werden soll, muss die bisherige, gut 35 Meter lange Brücke der Umgehungsbahn durch eine neue, etwa 50 Meter lange Konstruktion ersetzt werden.

Für die Wirtschaftsbehörde und die Verkehrspolizei ist die Sperrung einer so wichtigen Verkehrsader ein Albtraum. Rund 136 000 Fahrzeuge passieren diese Stelle täglich, geht aus der Verkehrsbelastungskarte der Wirtschaftsbehörde hervor. Damit dürfte auf Hamburger Boden dieses Autobahnteilstück in Sachen Belastung an der Spitze liegen. Zum Vergleich: Im Elbtunnel werden im Schnitt täglich rund 111 000 Fahrzeuge gezählt. Auf den Elbbrücken sind es 110 000 und in Billstedt, also in Hamburgs Osten, rund 93 000 Fahrzeuge pro Tag.

Der Hoffnung, so einen Strom an Fahrzeugen problemlos umlenken zu können, haben die Projektplaner sich gar nicht erst hingegeben. Polizei und der Verkehrklub ADAC rechnen mit erheblichen Behinderungen. ADAC-Sprecher Matthias Schmitting rät, am Wochenende "auf die klassische Ausflugsfahrt zu verzichten". Die Sprecherin der Bau- und Verkehrsbehörde, Helma Krstanoski, empfiehlt den Autofahrern, "zusätzlich Zeit für die Fahrt einzuplanen". Ein Sprecher der Polizei sagt nüchtern: "Es wird eng."

Treffen wird es vor allem die Kieler Straße und die Holsteiner Chaussee. Beide wurden als Umleitungsstrecken auserkoren. Wer von Norden kommt, muss sich U 44 als Bezeichnung für die Umleitungsstrecke merken. Wer sich aus dem Süden nähert, sollte nach der Bezeichnung U 35 Ausschau halten. Im Norden wird der Verkehr über das Dreieck Nordwest und dann an der Autobahnabfahrt Eidelstedt abgeleitet, im Süden an der Abfahrt Stellingen.

Seit mehreren Tagen weisen LED-Tafeln an der Autobahn vorsorglich auf den bevorstehenden Verschluss der Hauptverkehrsader hin. Aber wie es am Wochenende dann wirklich wird, weiß keiner so genau. Glücklicherweise spielt der HSV am kommenden Freitag auswärts in Wolfsburg. Dafür rechnen die Meteorologen mit einem sonnigen Wochenende und frühlingshaften Temperaturen, was viele Hamburger an einen Ausflug an die Nordsee wird denken lassen. Und in Niedersachsen beginnen die Osterferien.

Der ADAC lobt derweil die gute Vorbereitung der Öffentlichkeit. Das Thema sei seit Wochen bekannt, sagt Schmitting. "In Norddeutschland dürften die Autofahrer hinlänglich informiert sein." Problematisch könnte es für Reisende aus dem Süden Deutschlands und aus Skandinavien werden, die Hamburg eigentlich nur passieren wollten. Sie sollten der Hansestadt weiträumig ausweichen, rät die Verkehrsbehörde. Wer aus Richtung Flensburg/Kiel komme, sollte die A 7 an der Anschlussstelle Neumünster Süd verlassen, die Bundesstraße 205 sowie die A 21 nehmen und dann auf der A 1 östlich an Hamburg vorbeifahren. Reisende aus Richtung Hannover oder Bremen sollten den Elbtunnel meiden und die Autobahn 1 über das Horster Dreieck/Maschener Kreuz ansteuern.

Wer an diesem Frühlingsmontag das an der A 7 liegende, 350 Tonnen schwere Brückenteil betrachtet hat, kann sich nur schwer vorstellen, dass am Sonnabend zwei Spezialfahrzeuge, sogenannte Kamags, die Stahlkonstruktion in einer Höhe von viereinhalb Metern durch die Luft bugsieren und zentimetergenau in die vorbereiteten Widerlager einsetzen werden. Neben den technischen Herausforderungen werden die Spezialisten am kommenden Wochenende vor allem den engen Zeitplan im Blick behalten müssen. Denn am Montag, um 6 Uhr, soll der Verkehr auf der Autobahn wieder rollen.

Eine Bildergalerie von der Baustelle finden Sie unter abendblatt.de/autobahnbruecke