Der Tresor ist der falsche Platz für Raritäten des Christianeums

Nicht nur für Fachleute ist es eine Sensation: In der Schulbibliothek des Christianeums wurde jetzt ein mehr als 600 Jahre altes Buchfragment identifiziert. Es ist ein Schatz, der mit Geld gar nicht zu bezahlen ist. Eben weil er als Teil eines nationalen Kulturguts Zeugnis ablegt von der Geschichte Norddeutschlands.

Gerade auf diesem Gebiet erweist sich das Gymnasium in Othmarschen als eine Schatzkammer: Mindestens zwei der insgesamt 29 000 Bücher sind Raritäten von Weltruf. Die Werke Dantes und Boccaccios werden international mit zweistelligen Millionenbeträgen gehandelt. Aus Sicherheitsgründen werden sie in einem Banksafe aufbewahrt.

Andere uralte Bücher sind von Schimmelbefall und Pilzen bedroht. Zwar wurden auf Initiative der CDU-Fraktion in der Bezirksversammlung Altona gerade 18 000 Euro bereitgestellt, doch können damit nur ein paar der guten Stücke restauriert werden. Eine mit Herzblut und Kompetenz wirkende Bibliotheksleiterin und ihre ehrenamtlichen Mitstreiter stehen im Kampf gegen das Vergammeln auf verlorenem Posten.

Vor elf Jahren wurden 2800 Euro zur Verfügung gestellt, um einen Teil der Bücher abzusaugen und zu reinigen. Ein Kostenvoranschlag für die notdürftige Pflege weiterer 350 Bände wertvollsten Bestands des 16. und 17. Jahrhunderts belief sich auf 8000 Euro. Der Betrag wurde nicht freigegeben. Eine Schande!

Ist den Verantwortlichen in Bildungsbehörde, in den Kulturreferaten und letztlich im Rathaus nicht klar, welche grandiosen Vermächtnisse im Christianeum, im Johanneum und andernorts in der Stadt ruhen?

Noch ist der Schatz zu retten. Wenn die Stadt endlich die Initiative ergreift oder wenn sich private Sponsoren als Paten der Bibliothek zur Verfügung stellen.

Der 275. Gründungstag des Christianeums 2013 ist ein idealer Zeitpunkt, Versäumtes nachzuholen. Boccaccio und Dante müssen im Besitz des Traditionsgymnasiums bleiben. Vielleicht jedoch findet sich ein Weg, dass sich alle ein Bild davon machen können. Im Tresor liegen sie gut, aber nicht richtig.