Die Zeugin berichtet, wie der Ex-Bürgerschaftsabgeordnete sie zur Scheinehe drängte

Neustadt. Über Monate lebte sie mit einem Mann zusammen, den sie nicht liebte, aber geheiratet hat - laut Anklage auf Geheiß eines Mannes, den Nicole D. liebte, aber als festen Freund nicht haben konnte: Bülent Ciftlik, 39.

Als Angeklagte hatte sie ihn schon im ersten Verfahren schwer belastet, in der Berufungsverhandlung vor dem Landgericht sagte Nicole D. im Zeugenstand gestern erneut gegen den Ex-SPD-Bürgerschaftsabgeordneten aus. Ciftlik, im Juni 2010 zu 12 000 Euro Geldstrafe verurteilt, soll laut Anklage neben der Vermittlung einer Scheinehe neun weitere Straftaten begangen haben, darunter Anstiftung zur Falschaussage, Anstiftung zur Urkundenfälschung und Körperverletzung.

Die 35-Jährige berichtete, wie Ciftlik sie während der Ermittlungen massiv unter Druck gesetzt habe. So habe sie unter anderem willfährige Zeugen "organisieren" sollen, die zugunsten Ciftliks aussagen sollten. Weiter erklärte die zierliche Frau: Ihr Ex-Geliebter habe ihre für die Staatsanwaltschaft bestimmte Aussage frisiert und sie dazu gedrängt, in einem Fotostudio mit anderen falsche Zeugenaussagen einzustudieren. Zudem habe er sie genötigt, an Eides statt zu versichern, dass sie eine "echte" Ehe mit Kenan T. führe, um so die Abschiebung ihres türkischen (Schein-)Ehemanns zu verhindern. Weigere sie sich, werde er sein "Netzwerk aktivieren" und dafür sorgen, dass sie "keinen Job mehr in Deutschland" bekomme. "Er sagte, er sei bereit, alles zu tun, weil er einen Freispruch erster Klasse benötige. Alles außer Mord."

Eine Ciftlik entlastende, kurz vor Beginn der ersten Verhandlung bei der Staatsanwaltschaft aufgetauchte E-Mail stamme nicht von ihr. Laut Anklage soll Ciftlik ihr Passwort ausgespäht und die Nachricht von ihrem Benutzerkonto aus verschickt haben.