In Eilbek verrottet die Grünfläche des ehemaligen Krankenhauses, weil sich Bezirk und Versorgungsfonds um Zuständigkeiten streiten.

Hamburg. Als Tochter Geeske 2005 auf die Welt kam, hatte Oliver Camp einen Traum, den viele Eltern in dieser Stadt haben. Er wollte, dass seine Kinder im Grünen aufwachsen, auf Wiesen toben und unter alten Bäumen spielen. Damals lebte Oliver Camp mit seiner Frau Kirsten in einer kleinen Wohnung auf dem Dulsberg, mit vier Personen in drei Zimmern. Sie wollten nach Schleswig-Holstein ziehen, weil sie innerhalb der Stadt keine passende Wohnung fanden. Bis Oliver Camp eine Broschüre der Stadtentwicklungsbehörde mit dem Titel "Zu Hause in Hamburg - Attraktives Wohnen für die ganze Familie" in die Hände fiel. Geworben wurde mit "städtisch geprägtem Wohnen am Park, mit Blick auf große, alte Bäume" und "Freiflächen, die den Kindern ein aktives Spielen und allen Anwohnern eine neue Erholungsmöglichkeit direkt vor der Haustür bieten". Es war das Projekt auf Seite 40, das aus den Träumen der Familie Camp konkrete Pläne und aus Mietern Bauherren werden ließ. Oliver Camp gründete mit elf Familien eine Baugemeinschaft, bewarb sich für ein Grundstück und nahm einen Kredit auf. 2008 zogen Oliver, Kirsten, Moritz und Geeske ins Parkquartier.

Die Träume vom Wohnen in unmittelbarer Nachbarschaft zum Park haben die meisten der Bewohner am Erika-Mann-Bogen inzwischen ausgeträumt. Hier entstand 2007 mit 160 Wohnungen das größte zusammenhängende Wohnquartier für Baugemeinschaften in Hamburg. Die Eigentümer haben Gärten geplant, Bäume gepflanzt und Biotope angelegt. Doch jenseits ihrer Zäune endet das Idyll.

Von den Versprechungen der Behörde ist nichts zu sehen. Viele der alten Bäume wurden gefällt. Im Park weisen Schilder auf "Baumsturzgefahr" hin. Das Gelände ist teilweise mit Bändern abgesperrt. Berge von altem Laub haben sich auf der Wiese gesammelt, die mit Hundehaufen übersät ist.

"Seit Jahren verkommen die Bäume, Gehölze und Wiesenflächen systematisch", klagt Oliver Camp. Bewohnerin Hilke Heiny, die wie Familie Camp extra hierher gezogen ist, bedauert den Verfall des Geländes: "Bevor wir hier im Herbst 2008 hingezogen sind bzw. bevor die Bauarbeiten für das Parkquartier Friedrichsberg aufgenommen wurden, waren die große Wiese und der dahinter liegende Wald als Spielfläche und Spaziergangrunde nutzbar. Seitdem die Fläche nicht mehr gepflegt wird und sogar großflächig abgesperrt ist, fallen diese Möglichkeiten weg." Dies sei auch für den alten gewachsenen Stadtteil Barmbek-Süd, der diese Ausgleichsflächen dringend brauche, eine Schande. Weil sich niemand zuständig fühle, würden die Flächen zunehmend als Parkplatz von Krankenhausbesuchern oder -mitarbeitern genutzt. "So war das mit dem 'Parkquartier' sicherlich nicht gemeint", sagt Hilke Heiny. Sonja Kraft, die schon im Quartier wohnte, bevor die Bebauung begann, bedauert den Verlust des Parks, der viele Jahre von Krankenhausseite gepflegt und von Anwohnern gern genutzt worden sei. "Jetzt ist unser Park weg."

Park wie Parkquartier liegen auf dem Gelände des ehemaligen Allgemeinen Krankenhauses Eilbek. Nachdem dieses im Jahr 2006 an die private Klinikgruppe Schön-Kliniken verkauft wurde, wird heute nurmehr ein Teil der riesigen Fläche als Krankenhaus genutzt. Die Parkanlage liegt indessen im Eigentum des Hanseatischen Versorgungsfonds (HVF), der die Pensionsansprüche der ehemaligen Beschäftigten des Landesbetriebs Krankenhäuser (LBK) bedient. Dieser müsste die Fläche zunächst an den Bezirk Nord abgeben, der sich dann um die Herrichtung der Parkanlagen für die Öffentlichkeit kümmern müsste. "Der HVF befindet sich mit der Bezirksverwaltung im Gespräch", sagt Daniel Stricker, Sprecher der Finanzbehörde. Bis diese abgeschlossen seien, werde das Grün gepflegt.

"Der HVF will kein Geld ausgeben, schon gar nicht für die Parkpflege", befürchtet Oliver Camp. Eine verfahrene Situation. Denn im Bezirksamt herrscht Einigkeit, dass das Gelände nur dann übernommen wird, wenn die Verkehrssicherheit bezogen auf den vernachlässigten Baumbestand wieder hergestellt ist. "Der HVF muss auf die Stadtentwicklungsbehörde und auf den Bezirk zukommen", sagt Behördensprecherin Katja Glahn.

Bereits 2006 hatte sich der Bezirk Nord zusammen mit der Behörde für Stadtentwicklung um die Übernahme der öffentlichen Fläche bemüht. 50 000 Euro standen im Rahmen des Projekts "Lebenswerte Stadt Hamburg" für die Erstausstattung der künftigen Grünanlage bereit. Doch der damalige Mieter, Asklepios, wollte weiterhin frei über die Fläche verfügen. Die Mittel wurden daraufhin für den Bau des benachbarten Schachplatzes eingesetzt. "Darüber hinaus mussten im Zuge der 2005 geänderten Kampfmittelverordnung viele alte Bäume gefällt werden", sagt Glahn. Aufgrund des mangelhaften Pflegezustands des Baumbestands sei künftig von weiteren Fällungen auszugehen.

Bewohner wie Oliver Camp und Hilke Heiny haben für die Taktiererei der Behörden kein Verständnis. "Es ist ein Trauerspiel, dass die Stadt sich nicht kümmert und meint, sie sei nicht zuständig", sagt Heiny. Schließlich habe sie diesen Bereich in den Versorgungsfonds ausgelagert, der ja auch Eigentum der Stadt ist. Und Eigentum verpflichte.

Oliver Camp hat die Hoffnung aufgegeben, dass Moritz und Geeske ihre Kindheit im Grünen verbringen können. Sie sind jetzt acht und sechs Jahre alt. "Bis der Park fertig ist, sind die Kinder groß und suchen sich ihre eigenen Spielplätze", sagt der Vater. Das tun sie schon jetzt. Vor der Haustür haben sie auf dem Asphalt eine Höhle gebaut. Sie spielen unter alten Weihnachtsbäumen Verstecken.